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Wir blicken zu Ostern auf Jesus von Nazareth. Wir erinnern an seinen Tod unter schrecklichen Umständen, feiern seine Auferstehung von den Toten. Immer wieder wird in den Lesungen und Liedern deutlich, dass Gott auch unser eigenes Leben nicht im Tode zugrunde gehen lassen wird. Zu Ostern hören wir aus dem ersten Korintherbrief einen entsprechenden Satz des Apostels Paulus: „Nun aber ist Christus auferweckt von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.“ Gelingt ein solcher Blick von Jesus auf uns selbst und wieder zurück auf den Auferstandenen? Und hilft er denen, die zweifelnd am Grab stehen?
In diesem Jahr hilft uns bei solchem Blickwechsel eine starke Frau aus der Hebräischen Bibel, unserem Alten Testament: Hanna, die Mutter des Propheten Samuel. Sie wäre gern schwanger geworden, wurde es aber lange nicht und erfuhr wegen ihrer Kinderlosigkeit Ablehnung. Das erste Buch Samuel überliefert einen Psalm, den sie zum Dank für die langersehnte Geburt ihres Sohnes gebetet haben soll. Hanna beschreibt die wunderbare Erfahrung, dass wider Erwarten die Starken ihre Macht verlieren und die Schwachen an ihre Stelle treten und die Hungernden zu essen bekommen, während die Satten leer ausgehen. Auch Jesu Mutter Maria singt davon in ihrem Lobgesang, dem Magnificat, das im Advent in den Gottesdiensten zu hören ist. Hanna beschreibt diese Veränderung der Verhältnisse sehr bildhaft: Der Arme wird aus dem Staub aufgerichtet und darf auf dem Fürstenthron Platz nehmen: von ganz unten nach ganz oben. Das größte Wunder hat die Mutter Samuels aber gerade erst erfahren. Dafür dankt sie und zieht daraus eine weitere feste Zuversicht: So, wie Gott wider alles Erwarten Müttern mit der Schwangerschaft neues Leben schenkt (und Hanna den Samuel schenkte), so führt er Menschen aus dem Schatten des Todesreiches wieder in ein neues Leben.
Zeichen gegen die Todesmächte dieser Welt
Der Lobgesang der Hanna macht deutlich: Die Auferstehung der Toten ist nicht eine ganz und gar unwahrscheinliche Sonderaktion Gottes wider alle Vernunft und Naturgesetze. Sondern sie gehört in eine lange Reihe von Ereignissen, mit denen Gott Zeichen setzt gegen die Todesmächte dieser Welt: gegen Hunger, Unterdrückung und andere Beschädigungen menschlichen Lebens. Natürlich ist es nicht dasselbe, ob wir mit unserem Geld helfen, dass ein Hungernder zu essen hat, eine misshandelte Frau gesund gepflegt wird – oder ob Gott Jesus von den Toten auferweckt. Aber das schier Unglaubliche, dass nicht nur Jesus, sondern auch wir einmal von den Toten auferweckt werden sollen, wird glaublicher, wenn wir mit Hanna darauf achten, wo schon heute durch menschliches Handeln Gottes Wort wahr wird und dem Tod in dieser Welt Einhalt geboten wird. Hanna hilft, dass wir uns umschauen und nicht verzweifeln, sondern Mut und Hoffnung schöpfen, auch für andere Menschen.
Als ich vor vielen Jahren das erste Mal die Brille aufsetzte, die mir der Augenarzt verschrieben hatte, wurde plötzlich die ganze Welt klarer, und ich vermochte, Details viel schärfer zu sehen. Die Sorge, mit einer Brille weniger gut auszusehen, war sofort verflogen. Der Lobgesang der Hanna lädt ein, Spuren des göttlichen Kampfes für das Leben und gegen den Tod mitten im eigenen Alltag präziser zu sehen – wenn unsere Füße wider alles Erwarten behütet worden sind auf schwierigen Wegen. Wenn den vielen Feinden des Lebens Einhalt geboten wird, sie ihre verdiente Strafe empfangen. Und wenn sich die Tore des Gefängnisses für die zu Unrecht Inhaftierten öffnen.
Und Hanna betete und sprach: Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn, mein Horn ist erhöht in dem Herrn. Mein Mund hat sich weit aufgetan wider meine Feinde, denn ich freue mich deines Heils . . . Der HERR tötet und macht lebendig, führt ins Totenreich und wieder herauf . . . Erhebt auf den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der Asche, dass er ihn setze unter die Fürsten . . .