Berlin (epd). 32,5 Prozent der Bundesbürger interessieren sich stark und 27,7 Prozent sogar sehr stark für deutsche Geschichte, wie eine am Dienstag in Berlin veröffentlichte gemeinsame Studie der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" und der Universität Bielefeld ergab. 88 Prozent der Befragten finden zudem, dass das Wissen über den Nationalsozialismus zur Zugehörigkeit zu Deutschland gehört. Als das wichtigste historische Ereignis nach 1900 wird von der Mehrheit allerdings mittlerweile die Wiedervereinigung (39 Prozent), gefolgt vom Zweiten Weltkrieg (37 Prozent) angesehen.
Untersuchung zur Erinnerungskultur
Für die aktuelle Studie mit dem Titel "Trügerische Erinnerungen: Wie sich Deutschland an die Zeit des Nationalsozialismus erinnert" wurden den Angaben zufolge rund 1.000 Personen im Alter von 16 bis 92 Jahren von Dezember 2017 bis Februar 2018 telefonisch befragt. Es handelt sich nach Angaben der Stiftung um die erste Untersuchung dieser Art zur Erinnerungskultur in Deutschland. Zugleich werde damit eine Forschungslücke geschlossen, betonte der Bielefelder Konfliktforscher Andreas Zick als Leiter der Studie.
Im Zentrum habe die Frage gestanden, was, warum und wie Menschen in Deutschland Geschichte erinnern. Ein besonderer Blick galt zudem der Erinnerung an den Holocaust, "denn angesichts von Antisemitismus und Versuchen, Themen wie die Kriegsschuld für Propagandazwecke zu missbrauchen, steht Erinnerungskultur infrage", betonte Zick.
Zehn Prozent fühlen sich schuldig
Der Aussage, dass Deutschland wegen der Zeit des Nationalsozialismus eine besondere "moralische Verantwortung" habe, stimmen 38 Prozent der Befragten "stark zu" und 30 Prozent stimmen zu. Lediglich fünf Prozent lehnten diese Aussage stark ab, neun Prozent lehnten ab und 18 Prozent antworteten unentschlossen mit "teils/teils".
Bei knapp der Hälfte der Befragten gibt es die Befürchtung, dass sich etwas wie der Holocaust wiederholen könnte. So stimmten 25,6 Prozent der Befragten dieser Sorge eher und 21,6 Prozent sogar stark zu. "Wenn jetzt aber von einem 'Schuldkult', der in Deutschland betrieben werde, die Rede ist, entspricht das überhaupt nicht der Meinung der Bevölkerung", betonte Zick: "Die Befragten erinnern viel differenzierter." So sei der Anteil der Personen, die sich schuldig für den Holocaust fühlen gering: Der Aussage "Auch wenn ich selbst nicht Schlimmes getan habe, fühle ich mich schuldig für den Holocaust" stimme lediglich etwa jeder zehnte Befragte zu (stimme eher zu: 5,9 Prozent, stimme stark zu 4,5 Prozent).
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