Bonn (epd). Das gerade zu Ende gegangene 500. Reformationsjubiläum wird für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) deutlich teurer als geplant. Sie muss bis zu zwölf Millionen Euro nachschießen, der überwiegende Teil davon für den Verein Reformationsjubiläum, der die Veranstaltungen in Wittenberg wie die Weltausstellung Reformation koordiniert hat. Grund seien unter anderem erhöhte Sicherheitsvorkehrungen sowie weniger verkaufte Eintrittskarten und geringere Sponsoring-Erlöse, sagte EKD-Ratsmitglied Andreas Barner am Montag bei der Einbringung des Haushalts 2018 auf der Synode in Bonn. Dennoch habe sich die Investition in das Reformationsjubiläum gelohnt, betonte er.
Für das laufende Jahr sei ein erhöhter Zuschussbedarf in Höhe von 6,5 Millionen Euro für den Durchführungsverein entstanden, erläuterte Barner. Ebenfalls noch für 2017 sind 3,5 Millionen Euro für "möglicherweise notwendige weitere Zuwendungen" für das Festjahr vorgesehen. Im Haushalt 2018 sollen zwei Millionen Euro für die Abwicklung des Vereins eingeplant werden.
Besucherzahl blieb unter den Erwartungen
Die Besucherzahl der Weltausstellung Reformation mit 294.000 Eintritten zwischen Mai und September war hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Für die zentralen Veranstaltungen zum Reformationsjubiläum wie die Weltausstellung und den Kirchentag in Berlin und Wittenberg hatte die EKD ursprünglich 30 Millionen Euro vorgesehen. Für die Mehrkosten will sie alleine aufkommen und dafür auf eigens gebildete Rücklagen zurückgreifen.
Barner sagte, in der Gesamtbetrachtung sei die Investition der EKD in das Reformationsjubiläum "sehr sinnvoll". "Denn wir haben zusammen mit vielen Partnern aus Staat, Kommunen, Kultur und Wissenschaft ganz viel bewegt", sagte er. Für 2018 sieht der EKD-Haushalt Ausgaben in Höhe von insgesamt 217,9 Millionen Euro vor. Das ist ein Anstieg um 2,2 Millionen Euro. Wichtigste Finanzierungsquelle für die EKD ist eine von den 20 Landeskirchen aufzubringende allgemeine Umlage. Diese steigt um fünf Prozent auf 90,8 Millionen Euro.
Nach dem historischen Reformationsjubiläum will die evangelische Kirche weitreichende Reformen in Angriff nehmen. Die EKD-Synode begann am Montag einen Diskussionsprozess über die Zukunftsfähigkeit der Institution angesichts von Mitglieder- und Bedeutungsverlust in der säkularen und pluralen Gesellschaft. Sie will den Schwung des gerade zu Ende gegangenen Reformationsjubiläums für Reformen nutzen. Konkrete Veränderungen klangen für die Gestaltung der Gottesdienste und der oft als starr empfundenen Kirchenmitgliedschaft an.
Kirche erst einmal ausprobieren
Gottesdienste müssten einladender, professioneller und kürzer werden, sagte der Religionssoziologe Detlef Pollack vor der Synode. Viele hätten am Sonntagvormittag anderes zu tun, das ihnen wichtiger sei, daher sollte ein Gottesdienst nicht länger als 50 oder 60 Minuten dauern.
Die 120 Mitglieder des Kirchenparlaments sollen bei ihrer bis Mittwoch dauernden Jahrestagung ein Papier erarbeiten, das Anstöße für mögliche Veränderungen gibt. Die Gedanken des Synodenpräsidiums zum Schwerpunktthema "Zukunft auf gutem Grund" enthält Thesen und Fragen zu Kommunikation und Beteiligungsmöglichkeiten in der evangelischen Kirche.
Konkret wird etwa gefragt, ob das Kirchenmitgliedschaftsrecht "vielfältiger" gestaltet werden kann. Anlass dafür sei das "Bedürfnis vieler Menschen, Kirche erst einmal auszuprobieren", sagte der Vizepräses der EKD-Synode, Klaus Eberl. Allerdings werfe eine gestufte Mitgliedschaft grundlegende Fragen etwa nach dem Kirchensteuereinzug und der Verbindlichkeit von Kirchenzugehörigkeit auf. Noch lasse sich nicht vorhersagen, was die entsprechenden Überlegungen ergeben, sagte Eberl.
Glauben in der säkularen Gesellschaft
Der Bochumer Historiker Lucian Hölscher riet der Kirche, die säkulare Gesellschaft weder als Gegner des Christentums noch als passives Handlungsfeld für Mission zu sehen, sondern als Gegenüber, das den Kirchen etwas zu geben habe. Die katholische Politikwissenschaftlerin und Journalistin Christiane Florin rief zu einem wachen Blick auf die Gesellschaft und zu einer "belangvollen" Ökumene auf.
In beiden großen Kirchen gebe es wenige Orte, an denen über die vielbeschworene Botschaft gesprochen werde: "Was ich wirklich glaube, ist selten ein Thema." Sie warnte die Kirchen vor "Selbstgenügsamkeit" und vor einer Überschätzung der inneren Pluralität. Die Pole hießen nicht mehr "evangelisch" oder "katholisch", sondern "liberal" oder autoritär", sagte Florin.