Ursprünglich ging die Geschichte so: Ein reicher Jüngling fragt Jesus: "Meister, was soll ich Gutes tun, damit ich das ewige Leben habe?" Jesus antwortet: "Was nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Einer."
Früh fürchteten christliche Ausleger, Jesu Antwort könnte so verstanden werden: Nur einer ist gut, alle anderen nicht – auch nicht Jesus. Darum haben sie, als sie das Matthäusevangelium abschrieben, die Antwort leicht verändert: "Niemand ist gut als der einige Gott." Diese Version fand Erasmus von Rotterdam vor, als er 1516 das Neue Testament auf Griechisch herausgab. Und da Luther Erasmus’ Ausgabe seiner Übersetzung zugrundelegte, übernahm er die Änderung.
Christoph Kähler
Heute sehen wir im Vergleich der ältesten und besten Handschriften, was ursprünglich da stand: "Niemand ist gut außer Einer." Danach richtet sich die revidierte Lutherbibel – seit 1956.
Gemeint war natürlich Gott. Um das für heutige Leser herauszuarbeiten, ist aus Einer in der jüngsten Revision der Eine geworden. So lässt sich besser hören, dass Jesus auf den Einen Gott verweist, der Himmel und Erde schuf und den Menschen die Gebote als Geländer gab. Der Fragesteller braucht keine neue Lehre, keinen Guru. Nur die alten Wegweiser. Das ist genug.