Fremdsein – ich glaube, auf dieses Gefühl kann man sich nicht wirklich vorbereiten. Ich erinnere mich an meinen zweiten Tag in Tansania, als ich im Pulk mit den anderen deutschen Freiwilligen über einen vollen, schier endlosen Markt lief. Hitze, unbekanntes Obst, rohes Fleisch, bunte Stoffe. Marktfrauen, die uns angrinsen, Männer, die ihre beladenen Karren jedem in die Hacken schieben, der nicht aus dem Weg springt. Und dazwischen wir, die einzigen Weißen, planlos herumstolpernd und fieberhaft nach den Antworten für die tausend verschiedenen Begrüßungsfloskeln suchend.
Elisabeth Siegel
Auch da fühlte ich mich manchmal so fremd wie auf dem Markt: Dass Drei- bis Vierjährige stundenlang still sitzen und das englische Alphabet nachsprechen mussten – gewöhnungsbedürftig. Und einmal bekam ich mit, wie alle Schüler einer Klasse Stockhiebe auf die Finger bekamen, als Strafe für irgendein Vergehen. Das ist hier nicht ganz ungewöhnlich. Wie aber damit umgehen als deutsche Abiturientin, die eine andere Pädagogik gewöhnt ist? Mir fiel es teilweise schwer, nicht einzuschreiten. Aber soll ich als Außenstehende ohne Berufsausbildung und -erfahrung den Tansaniern erzählen, was richtig und was falsch ist? Zumal ich ja auch mitbekam, wie gut viele Lehrer mit den Schülern umgingen.
Ich finde es nicht immer leicht, meine Rolle zu finden. Aber vielleicht ist es ja genau das, worum es im Freiwilligenjahr geht: einmal zu fühlen, wie das ist, die Fremde zu sein.