Frau K. empfand ihr Leben nach dem Sturz 2002 nur noch als Hölle. Während es manch anderen Hochquerschnittsgelähmten irgendwann gelingt, nach vorn zu schauen, wollte Frau K. immer nur sterben. Sie beantragte beim Bundesinstitut für Arzneimittel ein Betäubungsmittel zur Selbsttötung, Natrium-Pentobarbital. Es wurde ihr verweigert. 2005 ließ sie sich in die Schweiz zu Dignitas fahren. Nach ihrem Tod zog ihr Mann vor die Gerichte. Nun hat das Bundesverwaltungsgericht den Fall mit Blick aufs Grundgesetz entschieden: In extremen Ausnahmefällen haben unerträglich leidende Kranke das Recht auf ein tödliches Medikament. Die Begründung wurde im Mai veröffentlicht (Aktenzeichen 3 C 19.15). Wie sich dieses Grundsatzurteil mit dem Suizidbeihilfeverbot in § 217 vertragen soll, wird noch lange strittig sein. Klar aber ist, wenn auch immer noch ziemlich unbekannt: Schwer kranke Menschen können legal und ohne Pentobarbital ihr Leben beenden – indem sie ihre Einwilligung zu bestimmten Behandlungen zurückziehen. Indem sie Nein sagen zu Beatmung, zu Ernährungssonde, zu antibiotischer Behandlung der nächsten Infektion . . . Dem natürlichen Sterbeprozess wird so sein Lauf gelassen. Man braucht dafür kein Gericht. Allerdings die palliative Begleitung durch kundige und unerschrockene Ärztinnen und Ärzte.
Frau in Rollstuhl
Michele Const/Plainpicture
Sterben geht auch ohne Gericht
Eine Anmerkung zum Suizidbeihilfe-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
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