Medikamentenausgabe im Altenheim
epd-bild / Werner Krüper
Demenzkranke erhalten einer Studie zufolge in Pflegeheimen zu viele Medikamente, um ihr aggressives Verhalten zu minimieren oder sie zu beruhigen. Das geht aus einer Untersuchung der Universität Witten/Herdecke hervor, die die AOK im Rahmen des AOK-Pflegereports 2017 vorstellte.
05.04.2017

Der am Mittwoch veröffentlichten Studie zufolge erhält fast jeder dritte Demenzkranke ein sogenanntes Neuroleptikum, das Wahnvorstellungen, Schizophrenie und aggressives Verhalten reduzieren soll. Jeder Fünfte bekommt demnach Antidepressiva, rund zehn Prozent nehmen Beruhigungsmittel, die sehr stark müde machen, wie Petra Thürmann von der Universität Witten/Herdecke sagte.

Von den 32 Prozent, die Neuroleptika einnehmen, erhalten mit 43 Prozent fast die Hälfte die Medikamente dauerhaft verordnet. 30 Prozent bekommen Antidepressiva in Dauermedikation. Das verstoße klar gegen die Pflegeleitlinien, kritisierte Thürmann.

Nicht-medikamentöse Behandlungen ausbauen

Einer Umfrage unter 2.500 Pflegekräften zufolge halten 82 Prozent der Befragten diese Verordnungspraxis jedoch für angemessen, wie Antje Schwinger vom Wissenschaftlichen Institut der AOK sagte. Sie forderte ein stärkeres Problembewusstsein bei den Pflegemitarbeitern und mehr Verantwortung der Ärzte. Nicht-medikamentöse Behandlungen wie Musik-, Licht- oder Bewegungstherapien, die die kognitive Fähigkeiten der Demenzkranken stärkten, müssten ausgebaut und häufiger angewendet werden, forderte Schwinger.

In Deutschland leben rund 800.000 ältere Menschen in Pflegeheimen. 500.000 von ihnen sind von der Pflegeversicherung als Demenzkranke anerkannt.