Buchtipps von Rainer Moritz im Juli
Länderkunden
Rainer Moritz blickt im Juli ins literarisch sehr elegante Ausland - in die Niederlande und nach England
Gunter Glücklich
29.06.2016

Literatur erzählt, selbst wenn es um ganz persönliche Schicksale geht, oft davon, wie subtil Politik und Ökonomie die Menschen prä­gen. So wie in Willem Elsschots wiederaufgelegtem Klassiker „Käse“ (zuerst 1933), der im von Wirtschaftskrise und Arbeits­losigkeit gebeutelten Antwerpen spielt. Der Werftangestellte Frans Laarmans will sein Leben ändern und als Kaufmann Anerkennung gewinnen. Die 20 Tonnen Edamer, vollfett, die er jedoch plötzlich unter die Leute bringen soll, erweisen sich als enorme Last, und prompt droht Laarmans ­Leben aus dem Ruder zu laufen. „Käse“ ist eine so tragische wie komisch-satirische Geschichte eines Möchtegern-Kaufmanns, der vom Verkaufen nichts versteht und seine Familie ins Unglück zu stoßen scheint.

Wilhelm Elsschot: Käse. Übersetzt von Agnes Kalmann-Matter. Aufbau. 158 Seiten, 16,95 Euro.



Graham Swift hingegen umkreist in seinen 25 Kurzgeschichten das gegenwärtige England, spiegelt das von Sehnsüchten und Fehlschlägen geprägte Leben von Fensterputzern, Osteopathen und Friseuren – und zeichnet damit en passant ein Porträt der von Verunsicherung geprägten englischen Gesellschaft, in feinen, stilistisch eleganten Strichen und mit psychologischer Präzision. So wie in der Titelgeschichte „England“: Ein Mitarbeiter der Küstenwache hilft einem farbigen Komiker bei einer Autopanne und fragt sich nach dieser kuriosen Begegnung, was er von seinem Land, von England, wirklich versteht. 

Graham Swift: England und andere Stories. Übersetzt von Susanne Höbel. dtv. 304 Seiten, 21,90 Euro.

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