chrismon-Chefredakteurin Ursula Ott
chrismon-Chefredakteurin Ursula Ott
Foto: Katrin Binner
ErLeDigt
Erledigt - Frau Otts endgültige Ablage.
Tim Wegner
22.11.2015

Nur zur Erinnerung: Auf der Tastatur unten links ist die Umschalttaste. Drückt man drauf, macht sie einen Großbuchstaben. Danach lässt man los, und es geht klein weiter. Hat sich bewährt in der Geschichte der deutschen Sprache. Warum bekomme ich dann eine Einladung zum EinSinGen, lese von einem KiGoiNa, stelle mein Rad in einem FahrRadParkHaus ab und höre vom Todesfall des kleinen Mohamed vor dem LAGeSo?

Das Buchstabengepurzel nervt aus unterschiedlichen Gründen. EinSinGen ‒ ein Chorfestival evangelischer Chöre ‒ erinnert an den schlechten Kinderwitz: Wie heißt der chinesische Verkehrsminister? UmLeiTung! KiGoiNa klingt wie Schweinefleisch süß-sauer, die Nummer 232 auf der Speisekarte meines Imbiss-­Chinesen. Steht aber für „Kindergottesdienst in der Natur“. Beide Veranstaltungen ehrenwert und sinnvoll ‒ warum heißen sie dann so bescheuert? Richtig schlimm in dieser Reihe das LAGeSo. Die Berliner Tagespresse nennt das Landesamt für Gesundheit und Soziales, vor dem seit Monaten ein Flüchtlingselend ohne­gleichen herrscht, einen „Ort der Schande“. Wieso verniedlichen wir ihn dann zu einem LAGeSo, was irgendwie nach Legoland und lirum, larum, Löffelstiel klingt?

Was Liebe aushält

###drp|j24w805fimVgqsYSrt2WLxpA00082410|i-45||### Ein Mann verknallt sich mit Haut und Haaren, und nach einem Jahr fällt seine Freundin in eine schwere Depression. Eine Frau macht eine steile Karriere mit liebevoller Unterstützung ihres Mannes, und dann wirft er sich vor einen Zug. Das ist ja nicht zum Aushalten! Sieben Reportagen über Liebe und Leidenschaft, Trauer und Abschied. Von der preisgekrönten Autorin und chrismon-Chefredakteurin Ursula Ott. Zum chrismonshop.

Und dann die ganzen FahrRadParkHäuser, MasterCards und GeloMyrtols. Die ganzen pseudo­wichtigen „Binnenmajuskeln“ ‒ so heißt das bei den Druckern. Alles dummes Werbegeblubber. Selbst in politisch engagierten Kreisen gibt es nur noch selten B(a)äuerInnen. Für den „nicht­sexistischen Sprachgebrauch“, so die Unesco, sei das Binnen-I meist zu unhandlich. Drum hat sich sogar die Hochburg der Leser­Innen und SäzzerInnen, die „taz“, weitgehend davon verabschiedet. „Das I fuchtelt wie ein gereckter Zeigefinger penetrant durch die Texte“, schimpft ein Tazler.

Gereckter Zeigefinger ist richtig unsympathisch. Und steht den meisten von uns nicht zu. Es sei denn, Sie sind zufällig Gott, der HErr. Der wurde in der Lutherbibel tatsächlich so ge­schrieben, um ihn vom normalen Herrn zu unterscheiden. Alle anderen bitte: Taste unten links. Dann loslassen.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.
Permalink

Sehr geehrte Frau Ott,

dass Sie den Großbuchtstaben inmitten von Worten eine Absage erteilen kann ich gut verstehen. Ich halte es auch für eine Unart, sich über diesen Weg interessant zu machen. Allerdings habe ich mir den Titel EinSinGen für unser Chortreffen ganz bewusst überlegt. Er funktioniert und schafft eine Identifikation für die Zielgruppe. Ich erkläre es Ihnen gerne, da Sie offensichtlich nicht den Zusammenhang erkannt haben. Die Zielgruppe dieses Treffens sind die Chöre der Evangelischen Studierenden-Gemeinden, kurz und geläufig ESG genannt. Sie, Frau Ott, waren gar nicht eingeladen, warum auch immer die Einladung bei Ihnen gelandet ist. Im ersten Teil einer Chorprobe oder vor einem Auftritt singt sich ein Chor ein, deshalb EinSinGen. Wir hatten Ende Oktober ein wundervolles Treffen in Frankfurt am Main, die 200 Teilnehmer*innen schätzten die Atmosphäre, die Workshops und den Titel der Veranstaltung. Er ist nicht bescheuert. Und zwischendurch wird die Taste unten links ja losgelassen, seien Sie unbesorgt.

Mit freundlichen Grüßen

Annette Klinke, Hannover
ESG - Verband der Evangelischen Studierendengemeinden in Deutschland
 

Permalink

Wie Recht Sie haben. Auch die Genderisierung ist das gleiche Übel. Es wird kaputt und lächerlich gemacht, was erreicht werden soll. Vergessen wird dabei total, dass die Deutsche Sprache, besonders auch die Schrift für andere schon schwer genug ist. Wenn man dann noch das Schriftbild mit zusätzlichen Inhalten versehen wird, geht alles voll daneben. Letzlich läuft diese Methode der Schriftverschlüsselung darauf hinaus, dass die, die dort mitgehen, unter sich bleiben (wollen?) . Das könnte auch als stupide Form einer Elitarisierung und als eine Abwehr von Dummen, von nicht so Dummen aber Ablehnenden und vor allen Dingen auch als einen Aufbau von zusätzlichen Hürden zur Abwehr von Fremden und lernwilligen Immigranten bezeichnet werden. Mit anderen Worten, als einen gesellschaftlichen Rassismus.