Deutschland, Berlin, Karl Marx Strasse im Zentrum des Berliner Bezirkes Neukoelln, tuerkische Mutter mit Kinderwagen
Foto: Tueremis/laif
Hass auf Hass – das darf nicht die Folge der Attentate in Paris sein
Tim Wegner
27.01.2015

Ein Islamist nimmt Geiseln in einem ­jüdischen Supermarkt in Paris, er tötet vier von ihnen. Ein muslimischer Mit­arbeiter des Supermarkts rettet Kunden, indem er sie in einen Kühlraum führt und Kühlung und Licht abstellt. Er flieht dann allein – die Kunden bleiben aus Angst zurück – und wird draußen von der ­Polizei für einen Terroristen gehalten. Nach anderthalbstündiger Vernehmung wird Lassana Bathily freigelassen, nun gilt er als Held.

Stehen Muslime erst mal unter Generalverdacht? Die Festnahme des Lassana Bathily mag im Eifer des Geschehens passiert sein. Aber wenn hierzulande Muslime dafür angefeindet werden, dass drei hasserfüllte Menschen in Paris im Namen Allahs morden, ist das eine fatale Verallgemeinerung: die junge Berlinerin mit Kopftuch, die auf der Straße mit dem Satz „Dich muss man umbringen“ angerempelt wird; der Islamforscher, der „Scheißmoslem“ genannt wird.

Die große Mehrheit der Muslime in Deutschland spürt eine starke Verbundenheit zur Demokratie. Sie arbeiten ­mit Nichtmuslimen zusammen, sind Nachbarn, Freunde und Sportkollegen. Dennoch wächst die Angst unter einer Mehrheit der Deutschen vor „dem Islam“, aller Alltagserfahrung zum Trotz. Sie speist sich meist aus Schreckensnachrichten, nicht aus eigenem Erleben. Doch auf den Hass Einzelner mit Hass auf viele zu antworten – das darf nicht der Weg sein.