Foto: epd-bild / Andreas Schoelzel

Es sind Worte, die etwas Schreckliches beschönigen: Aktive Sterbehilfe. Aktiv sein ­ wer will das nicht? Und wenn es ums Sterben geht, also um etwas, das wir Menschen verdrängen, dann soll doch wenigstens geholfen werden, aktiv geholfen werden. In Wirklichkeit ist aktive Sterbehilfe nichts anderes als Tötung auf Verlangen, assistierter Selbstmord. Ein Selbstmord, den ein anderer tatkräftig unterstützt. Aber das klingt zu brutal, um dafür zu werben. Einige werben tatsächlich für solche Hilfe zum Selbstmord. Sie spielen dabei mit den Ängsten der Menschen: Ängsten, am Lebensende ganz schrecklich leiden zu müssen, oder davor, dass Ärzte einen unendlich lange weiter behandeln, auch wenn es keine Chancen zu einer wirklichen Heilung mehr gibt.

Solche Ängste sind es, die schlecht informierte Zeitgenossen dazu bringen, aktive Sterbehilfe für gut zu befinden.

Eine Umfrage des Forsa-Instituts Anfang Oktober 2005 ermittelte, 74 Prozent der Bürger seien für aktive Sterbehilfe ­ offensichtlich aus der Überzeugung heraus, dies sei die einzige Alternative zu einem Dahinsiechen mit unerträglichen Schmerzen. Ganz anders sehen das diejenigen, die gut informiert sind und wissen, wie das Sterben durch die Palliativmedizin begleitet und erleichtert werden kann. Von dieser Gruppe sprechen sich laut einer Emnid-Umfrage nur 35 Prozent für die Tötung auf Verlangen im Fall einer unheilbaren Krankheit aus.

"Töte mich nicht, Doktor!"

Zudem zeigen differenzierte Befragungen, dass die Menschen, je älter sie werden, umso weniger solch eine Tötung auf Verlangen fordern. Im Gegenteil: In den Niederlanden, wo solch ein assistierter Selbstmord unter bestimmten Bedingungen erlaubt ist und wo schon seit vielen Jahren nachgewiesenermaßen Tausende von Menschen ohne ihre ausdrückliche Einwilligung getötet werden, haben alte Menschen regelrecht Angst davor, von ihrem Arzt gegen ihren ausdrücklichen Willen getötet zu werden: Sie tragen kleine Kärtchen bei sich, auf denen steht: "Maak mij niet dood, Doktor!" ("Töte mich nicht, Doktor!")

Ich unterschätze nicht, was es bedeutet, einen nahen Angehörigen im Sterben zu begleiten und ihn leiden zu sehen. Aber es hat seinen guten Grund, auf keinen Fall irgendeinem Menschen das Recht zu verleihen, über das Leben eines anderen zu verfügen. Als Christ sage ich: Gott allein ist Herr über Leben und Tod. Sobald Menschen sich dieses Recht anmaßen, kommt es ganz schnell zu Auswüchsen ­ wie in den Niederlanden, wo man, so das Deutsche Ärzteblatt im vergangenen Februar, damit begonnen hat, unheilbar kranke und schwer behinderte Babys kurz nach ihrer Geburt zu töten. Die Grenze, dass nur Menschen getötet würden, die selbst den Wunsch zu sterben geäußert haben, ist damit bereits überschritten. Und man fragt sich zunehmend: Wie viele Menschen mussten inzwischen sterben, weil ihre Pflege den Angehörigen oder der Gesellschaft zu teuer oder zu unbequem geworden ist?

Die evangelische Kirche hat eine eindeutige Haltung zur Sterbehilfe. Sie tritt dafür ein, dass alles Menschenmögliche getan wird, um die Sterbenden mit wirklicher Hilfe zu begleiten: durch die Betreuung in Hospizen, durch Palliativmedizin, durch gut ausgebildete Ärzte und Seelsorgerinnen. In dieser Hinsicht ist heute vieles möglich, Gott sei Dank. 

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