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Sonia Mikich hat das Krankenhaus überlebt. Knapp. Sie ging hinein wegen diffuser Bauchschmerzen, dann verschlang sie der Medizinbetrieb, unterzog sie mehrerer Operationen, es gab Komplikationen, sie zog sich Infektionen zu, schließlich spuckte das System sie wieder aus, sie war körperlich und seelisch am Ende. Was sie eigentlich gehabt hatte, konnte ihr keiner sagen. War das nur ihre Einzelerfahrung, oder erleiden viele PatientInnenen so etwas? Das wollten die renommierte Journalistin (u.a. langjährige „Monitor“-Moderatorin) und ihre KollegInnen Jan Schmitt und Ursel Sieber herausfinden.
„Warum uns der Medizinbetrieb krank macht“ ist eine Streitschrift, aber kein Pamphlet. In Protokollen kommen ÄrztInnen, Pflegende, PatientInnen, ein Patientenanwalt, ein Seelsorger und viele andere Beteiligte zu Wort. Oft anonymisiert, weil sie Angst haben, als Nestbeschmutzer geschurigelt zu werden. Die Leserin erfährt viel von Zwängen, aber auch von guten Ideen, die partout nicht von der Politik umgesetzt werden wollen. Auch deswegen nicht, weil jetzt Wahlkampf ist.
Sonia Mikich will, dass Gesundheit zum Wahlkampfthema wird. Dass PatientInnen aufstehen und laut einfordern, dass sie wieder als kranke Menschen behandelt werden wollen und nicht als „die unkooperative Leber auf Zimmer 8“, als des Trostes, der Behandlung und der Fürsorge Bedürftige, nicht als schnell abzufertigende KundInnen. Wobei ein Handyverkaufsgespräch länger dauern dürfte als eine Arztvisite…
Es wäre vieles zu ändern, so das Fazit der AutorInnen, zuallererst aber dies: Weg mit den vor rund zehn Jahren eingeführten Fallpauschalen, die nur dazu führen, dass immer mehr Menschen überflüssigen und heiklen Operationen ausgesetzt werden; gleichzeitig Krankenhäuser schließen, vor allem in den Städten, denn der Wettbewerb ruiniert alle. Dann wäre genug Geld da, Krankenhäuser zu Orten machen, die auf das Patientenwohl ausgerichtet sind. Wie das gehen soll? Durch einen Aufstand der PatientInnen und der Gesunden.
Bertelsmann Verlag, München 2013, 351 Seiten, 19,99 Euro