Ich sitze im Flugzeug von Rio de Janeiro nach Frankfurt. Die Kinder haben die ersehnten Fensterplätze bekommen, die Katzen sind in ihren Tragetaschen am Fußende verstaut. Es geht zurück nach Deutschland, nach zwei Jahren als Pfarrerin am Zuckerhut. Unter uns zieht die erleuchtete Baia de Guanabara vorbei, die Bucht von Rio. Ich verspüre Wehmut – „saudade“ würden die Brasilianer sagen.
Dabei gibt es einiges, womit ich Probleme hatte. Privatschulen, in denen die reichen Schüler den Lehrern ins Gesicht sagen: „Schließlich bezahlt mein Papa dich ja.“ Und dass unsere Kinder auf dem Schulhof deutlich zu spüren bekamen, dass sie ohne iPod nicht dazugehörten. Umgekehrt war da die Unterwürfigkeit, mit der mich unser Hausmeister „a senhora“ nannte – und seine Weigerung, unserer Einladung an den Mittagstisch zu folgen. Er aß hinterher die Reste auf. Die sozialen Unterschiede werde ich nicht vermissen, ebenso wenig den Wahnsinnsverkehr, die Angst vor Überfällen oder die Bürokratie: Das Arbeitsvisum zu verlängern, geht nicht, ohne einen speziellen „Formularausfüller“ zu engagieren. Ein Bankkonto zu eröffnen, nicht ohne stundenlanges Anstehen und „Vitamin B“.
Und trotzdem ist da Wehmut. Mir wird es fehlen, in der Frühe einfach in die „Havaianas“, die bunten Plastikschlappen, zu schlüpfen. Die Menschen zu treffen, mit denen ich mich angefreundet habe. Die hier übliche freundliche Begrüßung mit Küsschen rechts und links. Und der atemberaubende Blick vom Corcovado-Berg auf die Stadt... „Gosto Rio de Janeiro. Eu estou morrendo de saudade“, sang der verstorbene Brasilianer Tom Jobim: „Ich mag Rio de Janeiro. Ich sterbe vor Sehnsucht.“