Sersheim: Der Bewerbungsfilm für den chrismon-Gemeindewettbwerb 2012 entsteht.
Gottesdienst verkabelt?
Auch Kirchengemeinden setzen bei der Gemeindearbeit zunehmend neue Medien ein. Sie nutzen sie zur Vernetzung, sprechen dadurch mehr Menschen an und verkünden auf neuen Wegen das Evangelium. Zwei Eindrücke aus dem hessischen Bad Vilbel, drittplatzierte Gemeinde bei der "chrismon-Gemeinde 2012" und dem schwäbischen Sersheim.
21.05.2012

Die Scheinwerfer kreisen, die Bässe wummern und Menschen schwingen im Takt mit.  Nicht immer ist es ein Rockkonzert, in dem die Technik eine wichtige Rolle spielt. Multimedia oder nur „moderner Technikkram“? Wie auch immer man es nennt und wie die individuelle Haltung dazu ist – die neuen Medien sind aus der heutigen Lebenswelt nicht mehr wegzudenken. Und immer öfter machen sich auch Kirchengemeinden diese Wege der Kommunikation zunutze: Sie setzen sie bei der Gemeindearbeit ein, nutzen sie zur Vernetzung, sprechen dadurch mehr Menschen an und verkünden auf neuen Wegen das Evangelium.In der Christuskirchengemeinde in Bad Vilbel sind die neuen Medien Teil der Gottesdienstwelt, sagt Gemeindereferent Thorsten Mebus. Fast immer spielt dort eine Band zum Gottesdienst. Die neuen geistlichen Lieder, die dann gesungen werden, werden mit einen Beamer auf eine Leinwand  projiziert. So können alle mitsingen, Ablauf und Struktur werden dadurch für alle sichtbar.

Der Beamer macht Predigtgedanken anschaulich

Auch bei Predigten oder Bildmeditationen greifen die Prediger gerne auf die moderne Technik zurück und nutzen den Beamer. Das E-Piano, die Mikrofonanlage, die Verstärker für die Band und E-Gitarren – vieles geht eben nur noch mit dem Antrieb durch Strom. Aber, darauf legt Thorsten Mebus Wert: „Die Technik ist niemals Selbstzweck, sie dient der Veranschaulichung oder Verstärkung.“

In einer so großen Gemeinde – immerhin 5.200 Mitglieder hat die Evangelische Christuskirchengemeinde – heißt das natürlich auch: technisches Equipment an allen Ecken und Enden. Und es muss immer jemand da sein, der sich auskennt, der die Kabel richtig verlegt, die Stecker in die richtigen Buchsen steckt und ein Mischpult so bedienen kann, dass nichts quietscht und rauscht, wenn Gottes Wort verkündigt wird.

„Wir haben ein eigenes Technik-Team, das fast alle Veranstaltungen begleitet“, sagt Thorsten Mebus. Zum Beispiel die Gottesdienste der „Kirche anders“, wenn es in der Kirche keine Stuhlreihen gibt, sondern Bistrotische aufgestellt sind; wenn eine Rockband spielt und die Besucher sich während des Gottesdienstes mit Getränken versorgen können; dann werden die Predigtgedanken visuell verdeutlicht. Und dann stehen neue Medien auch durchaus einmal als Thema des Gottesdienstes im Mittelpunkt, etwa wenn es ironisch heißt: „Dein I-Phone ist nicht dein Gott“ und „Zehn Gebote fürs Internet“, den zehn Geboten aus der Bibel gegenüber gestellt werden.

Konfirmanden drehen Filme

Die Menschen leben mit den neuen Medien, und vor allem die Jugend ist dafür ansprechbar. Die Konfirmanden etwa drehen auf ihrem neuntägigen Konfiseminar Filmsequenzen oder stellen Fotoromane her, mit denen sie sich der Gemeinde im Vorstellungsgottesdienst präsentieren.

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1.000 Euro bekommt die evangelische Christuskirchengemeinde in Bad Vilbel für den 3. Platz im Gemeindewettbewerb von chrismon. Schon bei der Bewerbung stand fest: Wenn die Gemeinde gewinnt, dann fließt dieses Geld an die Hugo-Tempelman-Stiftung, die in Südafrika eine umfangreiche Arbeit zur medizinischen Behandlung und Prophylaxe gegen Aids betreibt.

In Sersheim ist die technische Ausrüstung noch klein, aber das Engagement groß

Auch in der Evangelischen Kirchengemeinde Sersheim sind neue Medien im Einsatz. „Sie haben bei uns eine große Bedeutung, doch ihre Nutzung ist erst im Wachsen“, sagt Mika Sinn. Der Diakon kümmert sich um die Jugendlichen der Gemeinde und weiß, welch große Rolle etwa die Netzwerke des Internet, bewegte Bilder und Technik in deren Alltagsleben spielen. Die Bewerbung für den Gemeindewettbewerb bei chrismon etwa haben die Jugendlichen mit einem Video gestaltet. Darin präsentierten sie das Projekt, auf das die Gemeinde besonders stolz ist: den Livingroom:

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Welche Gemeinde kann schon von sich sagen, dass sie mehr als 60 Jugendliche dazu bewegen kann, eine Woche lang den Alltag zu gestalten, Zeiten der Stille und des Lernens zu teilen, Aufgaben zu übernehmen, die ungewohnt sind für sie?

Glaubenszeugnisse per Video im Gottesdienst

Das Equipment ist noch klein, die digitalen Kameras reichen in ihrer Leistung eigentlich noch nicht aus, um Videos auf eine große Leinwand zu projizieren. Aber das Engagement ist groß. Die Jugendlichen wollen durchaus nicht nur in ihrer Nische bleiben, sondern das, was sie erarbeitet haben, auch Erwachsenen Gottesdienstbesuchern präsentieren.

„Wir versuchen im Gottesdienst neue Elemente einzubringen, ohne die uns wichtigen Inhalte anzutasten“, sagt Mika Sinn. Das zeigte sich etwa in einem Gottesdienst, in dem die Jugendlichen Zeugnisse aus ihrem Alltag und ihrem Glauben einbringen wollten – aber nicht einfach vorgetragen, sondern als Videosequenzen eingespielt.

Bei allen Generationen sei dies gut angekommen, erinnert sich Mika Sinn, zumal alle Generationen in diesen Videos auch vorgekommen seien. Stärker als bei vorgelesenen Texten habe man einen Spannungsbogen aufbauen können. „Wir wollen ja nicht technische Spielereien transportieren, sondern Inhalte.“

Wer sich auf der website der Gemeinde umsieht und die Angebote für Jugendliche sucht, klickt am am besten gleich direkt auf die Seite. Dort stehen Einladungen, es können Verabredungen getroffen werden und vieles mehr. Natürlich geht es da auch zu Facebook und der Möglichkeit „Gefällt mir“ zu sagen. Mika Sinn sieht die Risiken, aber auch die Chancen einer solchen Präsenz. „Für Jugendliche ist Facebook erste Wahl bei Verabredungen“, weiß er. Das heißt nicht, dass die Gemeinde ganz auf virtuelle Kommunikation setzt. Flyer, Plakate und natürlich die persönliche Ansprache haben auch im Zeitalter des Netzes in Sersheim nicht ausgedient.
 

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