Maurice Weiss/OSTKREUZ/Maurice Weiss
Glück ist anstrengend - aber auch nur dann richtig schön
TV-Moderator Günther Jauch und Glücksforscher Gerhard Schulze im Gespräch
Lena Uphoff
Tim Wegner
07.10.2010

chrismon: Sie sind ein Glücksbote, Herr Jauch. Wie reagieren die Menschen, die in Ihren Sendungen zu Millionären werden?

Günther Jauch: Das ist ganz unterschiedlich. Bei Menschen, die es bei "Wer wird Millionär?" bis zur Million schaffen, stelle ich einen Überschwang der Gefühle fest. Sie jubeln, sie reißen die Arme hoch, sie sind expressiv. Anders sieht es bei denen aus, die in der SKL-Show fünf Millionen in der Lotterie gewinnen - also ohne Eigenleistung. Da ist der Zufall entscheidend. Die sind ratlos bis geschockt.

Bekommen diese Menschen einen Glücksberater?

Jauch: Ja, weil man als frischer Millionär viele Fehler machen kann, die aber kaum jemand tatsächlich begeht. Es ist so: Wenn ich frage, was die Leute als Erstes mit dem Geld machen, heißt es zum Beispiel: "Dieser veredelte Mercedes war immer mein Traum." Und wenn ich ein halbes Jahr später nachfrage, was aus dem Mercedes geworden ist: "Der war auf einmal doch nicht interessant." Geht mir persönlich übrigens auch so. Als ich wenig Geld hatte, wusste ich genau, was ich unbedingt wollte, wenn ich denn das Geld dazu hätte - vom Fahrrad übers Moped bis hin zum Auto. Als ich es mir kaufen konnte, wurde ich viel gelassener. Was ich mir leisten kann, kann ich auch ganz leicht lassen. Bei anderen führt das zu Irritationen. Wenn ich im Mini an der Waschanlage vorfahre, fragt der Mann am Hochdruckreiniger: "Na, wo haben wir den Porsche gelassen?" Dabei habe ich gar keinen.

Was ich mir leisten kann, kann ich auch ganz leicht lassen.

Gerhard Schulze: Daraus kann man was lernen. Wir pendeln ständig hin und her zwischen zwei Zuständen, die uns auf völlig unterschiedliche Weise glücklich machen. Der eine Zustand ist eine Spannung des Nicht-erreicht-Habens - Sie haben das Moped noch nicht, stellen es sich aber schön vor. Dann haben Sie es und stellen mit Max Frisch und seinem Lehrling in "Andorra", der gerade die Prüfung geschafft hat, fest: "Ich staune, wie kalt mich das lässt." Dazu gibt es ein hirnphysiologisches Korrelat. Wenn Sie etwas wollen, aber noch nicht haben, gibt es Dopamine, die Sie befeuern. Haben Sie's, kommen die Endorphine, und Sie werden satt und zufrieden.

Heute darf jeder nach seiner Fasson glücklich werden. Wie geht das?

Schulze: Ich lege Wert auf das Wort Fasson. Die Glückssuche der Einzelnen führt dann in alle Himmelsrichtungen, die Suchbewegungen sind nicht vergleichbar.

Jauch: Gibt es ein Recht auf Glück?

Schulze: In unserer Verfassung ist von der freien Entfaltung der Persönlichkeit die Rede. Ich finde es aber angemessener, es "Recht auf Freiheit" statt "Recht auf Glück" zu nennen.

Jauch: Aber bedeutet Freiheit nicht nur die Chance, glücklich zu sein?

Schulze: Freiheit heißt, dass man Wahlmöglichkeiten hat. Jetzt kommt das Spannende: Ist man in der Lage, mit seiner Chance umzugehen? Das ist die Aufgabe der Moderne. Wer das nicht kann, sitzt mit seinen Chancen da wie jemand, der im Urlaub nie die Jalousien hochzieht.

Ist ein "Recht auf Glück" dasselbe wie die Formel "Wohlstand für alle"?

Jauch: Nein, weil man sich gerne vergleicht. Das merke ich, wenn ich mich erinnere, wie ich in den 60er Jahren aufgewachsen bin: Da gab es vielleicht ein Telefon, aber erst später einen Fernseher; wir bekamen Pakete von Verwandten mit Kleidung, die wir Kinder aufzutragen hatten. Ein Hartz-IV-Empfänger fände das heute unzumutbar, was ich verstehen kann, weil sich die Vergleichsmaßstäbe verändert haben.

Schulze: Dazu gibt es einen schönen Begriff - Opportunitätskosten. Das bedeutet: Wenn man etwas Bestimmtes will, muss man auf anderes verzichten. Es ist das Glück der Knappheit, dass diese Opportunitätskosten nicht entstehen. Die Leute träumen von Freiheit, aber sie fühlen sich davon schnell überfordert. Im Grunde sind ihnen drei Fernsehprogramme lieber als dreihundert.

Jauch: In der Autobranche ist ein gegenläufiger Trend zu sehen. Als ich den Mini gekauft habe, konnte ich mir aus Hunderten Farb- und Stoffkombinationen alles Mögliche zusammenstellen.

Schulze: Das bedeutet Stress. Man muss wissen: Was will ich? Ich glaube, dass wir allmählich gelernt haben, mit solchen Wahlmöglichkeiten umzugehen, auch wenn viele Kulturkritiker uns als Konsumsklaven sehen.

Braucht eine Gesellschaft Glücksprojekte?

Schulze: Ich bin sehr froh über die Zurückhaltung, die wir bei potenziellen Anlässen zu nationaler Euphorie an den Tag legen. Manchmal grenzt das an eine kollektive Glücksscham. Wir verschweigen einen Medaillenspiegel, den andere Nationen zelebrieren würden. Aber vielleicht sind wir gerade wegen dieser Nüchternheit zum weltweit beliebtesten Volk geworden.

Jauch: Und ich dachte, wir sind nur unzufriedene Nörgler?

Seid froh, dass ihr so viel nörgelt - das ist die Bedingung dafür, dass es euch nicht so schlecht geht.

Schulze: Sind wir. Mir sagte mal ein Journalist aus Nigeria: "Seid froh, dass ihr so viel nörgelt - das ist die Bedingung dafür, dass es euch nicht so schlecht geht wie uns."

Hat diese Glücksscham konfessionelle Gründe?

Schulze: Ja. Ich stamme aus einem evangelischen Pfarrhaus. Als ich zum ersten Mal den Karneval im Rheinland erlebte, wurde mir klar, dass religiöse Traditionen die Glücksexpressivität prägen. Es gehört zum Protestantismus, katholischer als die Katholiken zu sein. Wir haben den Sündenbegriff wirklich ernst genommen. Bei den Katholiken ist es so: nach der Beichte ist vor der Beichte, das ist ein Recycling von Lebenslust und Sünde.

Jauch: Das ist doch eine großartige Grundlage.

Schulze: Darum hab ich die Katholiken auch beneidet.

Jauch: Mit Recht!

Sind das nicht Klischees?

Schulze: Als ich meine religiöse Erziehung bekam, nahmen die Protestanten die Sünde noch im Sinne der traditionellen Todsündenlehre wahr. Habgier, Völlerei, Wollust, Trägheit - all diese Begriffe stigmatisierten den Lebensgenuss. Sie stellten das Menschsein unter den Generalverdacht der Übertreibung: Sich am Diesseits zu erfreuen, galt als der erste Schritt weg von Gott.

Jauch: Wenn ich an den Beichtspiegel aus dem Gotteslob denke - da fand man schon als 10-Jähriger was. Dass man nicht die Frau des Nachbarn begehren sollte, war zwar nicht das Problem; dann war es halt das Kettcar des Kumpels. Mit dem Gang in den ungeliebten Beichtstuhl konnte man eine Löschtaste drücken und in der Gewissheit aus der Kirche treten: Wenn mich ein Blitz trifft, ist die direkte Himmelfahrt gewährleistet, ohne Umweg durch das Fegefeuer. Das heißt nicht automatisch, dass die katholische Kirche sagt: Sündige ruhig, und wenn der Speicher wieder voll ist, dann kommst du mal wieder vorbei! Doch diese Möglichkeit, mit Gott ins Reine zu kommen, habe ich immer als beruhigend empfunden. Aber mal was ganz anderes: Ich habe mit der Frage gerechnet, wann ich in meinem Leben richtig glücklich war.

Und?

Jauch: Ich bin auf sechs Momente gekommen, die ersten drei sind banal: erstes Fahrrad, erstes Motorrad, erstes Auto. Und dann: Das erste Mal glücklich verliebt, und als ich erfuhr, dass ich das "Aktuelle Sportstudio" moderieren durfte. Und schließlich: der Tag unserer Hochzeit.

Was ist mit der Geburt der Kinder?

Schulze: Da stehtein Vater unter Stress!

Jauch: Stimmt, auch wenn es politisch unkorrekt ist, so ein Ereignis nicht zu den glücklichsten Momenten zu zählen. Aber vielleicht stehe ich vor einem siebten Mal. Ich habe eine sehr gute Freundin, die sehr, sehr krank war. Jetzt könnte sie wieder völlig gesund werden - und ich werde richtig glücklich sein, wenn sie das tatsächlich schafft.

Schulze: Sie sind mit einem bestimmten Glücksbegriff ausgerüstet: das Glück der Durchbrüche. Es wird sehr stark von den Medien vorgeformt, so wie Sie es bei "Wer wird Millionär?" machen. Das Happy End im Spielfilm ist ebenfalls darauf angelegt. Aber es gibt auch das stille Glück. Soziologisch gesehen ist es das wichtigere Glück. Viele Leute suchen es.

Jauch: Das merkt man sich aber nicht so gut wie dieses Durch-bruch-Glück.

Das stille Glück ist überrollt worden

Schulze: Das stille Glück ist überrollt worden von medienwirksameren und dramaturgisch besser ausbeutbaren Glücksformen. Stellen Sie sich vor, Sie müssten einen Spielfilm über das stille Glück drehen! Das Glück des Durchbruchs ist viel leichter zu inszenieren, deshalb drängt es sich so in den Vordergrund.

Jauch: Wenn man von sich behaupten kann, eine glückliche Ehe zu führen, und das nicht nur nach zwei, sondern auch nach zehn oder 30 Jahren - also, da finde ich den Begriff Glück fast zu hoch gegriffen. Es ist doch schon großartig, wenn man sagen kann: Unsere Ehe ist gelungen. Oder: Ich kann auf ein gelungenes Leben zurückblicken. Ich könnte gar nicht sagen, dass ich bisher für mich ein rasend glückliches Leben bilanzieren könnte. Ich würde sagen, dass ich glückhafte Momente hatte und zufrieden bin. Das finde ich aber auch schon ziemlich viel.

Was war Ihr größter beruflicher Glücksfall?

Jauch: Das war eine Kombination aus glücklichen Jahren an der Deutschen Journalistenschule in München, wo sich mir durch Lehrer und Mitschüler eine neue Welt eröffnet hat. Und aus einer schicksalhaften Begegnung - dass ich Thomas Gottschalk sehr früh kennenlernte. Er hat mein Leben - wahrscheinlich mehr als er denkt und als ich mir manchmal eingestehen will - geprägt und mich auf das Gleis geschubst, auf dem ich heute fahre.

Schulze: Wir reden über ganz verschiedene Dinge mit demselben Wort, weil wir im Deutschen auch nur das eine Wort haben: Glück. Im Englischen gibt es "happiness", "luck", "fortune"; diese Worte beschreiben unterschiedliche Glücksformen. Sie haben gerade von "luck" gesprochen. Ihnen ist jemand begegnet, so wie man einen Goldschatz findet. Jetzt fragt sich: Was haben Sie daraus gemacht? Damit kommt "happiness" ins Spiel. In einer Ehe ist es ähnlich. Für mich ist der Indikator, ob eine Ehe funktioniert, ganz schlicht und einfach die Kommunikation. Schafft man es, sich zwei Stunden was zu erzählen?

Jauch: Ist es nach 30 Jahren nicht eher Ausdruck eines kleinen Glücks, wenn der Partner beim Essen nicht die ganze Zeit auf einen einredet?

Schulze: (lacht) Wir haben noch keine 30 Jahre.

Jauch: Wir auch erst drei.

Schulze: Ach ja?

Jauch: Aber eine lange Vorgeschichte. Sie haben recht, in Restaurants sieht man Paare, die sich zwei Stunden anschweigen. Furchtbar. Manchmal denke ich aber auch, die sind so gut aufeinander eingestellt, dass die auch mal gemeinsam schweigen können.

Herr Schulze, kann man das stille Glück lernen?

Jauch: Und ist das nicht immer ein Verzicht auf Abenteuer?

Schulze: Wenn man erotische Abenteuer sucht, ist man in einer Ehe schlecht aufgehoben. Viele Menschen machen ja in ihrer Jugend eine Lebensphase durch, in der die Spannung an erster Stelle kommt; und dann kommt die Phase der Beständigkeit.

Jauch: Aha, dann lassen wir die Midlife-Crisis einfach weg, oder wie?

Schulze: Sie kennen sicher viele Leute, die sich getrennt haben?

Jauch: Ich habe den Eindruck, in meiner Altersklasse sind es 90 Prozent. Vielleicht haben die übersteigerte Glücksvorstellungen.

Schulze: Nein, aber Ansprüche. Für Frauen ist Kommunikation wichtig, die Männer sollen reden. 80 Prozent aller Trennungen gehen von der Frau aus. Ich sehe aber in diesen Trennungen kein Zeichen des Werteverfalls, sondern der Wertesuche.

Trennungen sind kein Zeichen des Werteverfalls, sondern der Wertesuche.

Jauch: Inwiefern? Meine Erfahrung ist, dass sich das Unglück danach nur an anderer Stelle wiederholt.

Schulze: Viele meiner Bekannten haben neue Beziehungen; sie haben aus ihrem Scheitern gelernt, da passt die Sache von Anfang an besser. Es ist oft so: Erste Langfristbeziehungen entstehen aus der Faszination an der Differenz. Zweite Langfristbeziehungen entstehen aus dem Wissen, dass Gemeinsamkeiten wichtiger sind als Unterschiede.

Jauch: Ich als erfahrener Paartherapeut diagnostiziere mal: Die erste Ehe endet also meistens in der Kollusion, also daran, dass die Neurosen der beiden Partner zunächst scheinbar gut zueinanderpassen, dann aber zur Belastung werden?

Schulze: Ja. Und die Konstitutionsbedingungen der ersten Ehe tragen bereits den Sprengsatz in sich, weil die Partner so unterschiedlich sind und das anfangs auch ganz toll finden.

Woher kommen unsere Ansprüche, wie ein glückliches Leben auszusehen hat?

Jauch: Ich fürchte, da ist viel Genetik dabei, auch wenn wir uns das selbst nur ungern eingestehen.

Schulze: Unsere Kultur prägt uns auch. Wir in Deutschland sind glücksskeptisch und versuchen, zu einer Kultur zu werden, in der die Erlaubnis zum Glück überhaupt da ist. In den 50er Jahren waren die Erziehungsziele Gehorsam, Pflichtbewusstsein, Unterordnung. Damals wäre mir nie eingefallen, meinen Eltern zu erwidern: Ich habe keine Lust! Das ist erst in der Nach-68er-Zeit zu einer Begründung geworden. Darin spiegelt sich die Hinwendung unserer Kultur zu einem persönlichen Glücksprojekt.

Jauch: Aber genau das funktioniert für meine Begriffe nicht. Ich stelle bei Kindern oft fest, dass sie das anstrengungslose Glück suchen. Sie schaffen es eher selten, positive Momente am Ende einer Anstrengungsleistung zu sehen.

Der ewige Feierabend

Schulze: Das anstrengungslose Glück ist uns in den 70er und 80er Jahren durch Werbebilder nahegelegt worden, in denen die Idee des schönen Lebens darin bestand, auf einem roten Sofa zu liegen und ständig Pralinen reingeschoben zu bekommen.

Jauch: Der ewige Feierabend.

Schulze: Inzwischen sind die Leute intelligenter geworden.

Jauch: Aber die Kinder doch nicht.

Schulze: Kinder merken auch, dass fordernde Aufgaben glücklich machen. Sie erfahren den Zustand von Konzentration, Anstrengung und Selbstvergessenheit. Hinterher sagen sie: wunderbar! Jauch: Sehr schwer zu vermitteln! Ich stelle fest, dass die Frustrationstoleranz gesunken ist. Wenn Sie beim Kindergeburtstag Eierlaufen veranstalten, gibt es Wutausbrüche. Es wird schnell aufgegeben, geheult und die Teilnahme am Restgeburtstag wird verweigert. Dann bilden sich Elternräte, die den gastgebenden Eltern empfehlen, dass jedes Kind einen Preis verdient hat. Irgendwann kommen alle mit einer Goldmedaille nach Hause.

Müssen Eltern ihren Kindern Konflikte anbieten?

Jauch: Ja. Aber wenn Eltern ihr Kind als persönliches Glücksprojekt ansehen, wird das schwierig. Viele wollen ihren Kindern das zu Füßen legen, was ihnen selbst verwehrt geblieben ist oder was sie selbst als schönes Leben definieren. Wenn ich mit meiner Frau Eltern beobachte, die ihrem Kind jeden Wunsch erfüllen, gucken wir uns kurz an und sagen: Schon wieder so ein Augenstern-Projekt. Da werden tendenziell kleine Tyrannen herangezogen.

Schulze: Dieser elterliche Narzissmus führt dazu, dass man sich als Versager empfindet, wenn man mit dem Kind schimpft. Es ist ein ziemlich unschöner Part, einem schreienden Kind im Supermarkt einen Wunsch zu verwehren.

"Durch Mühsal zu den Sternen"

Jauch: Auch auf die Gefahr hin, dass ich Kopfschütteln ernte: In meiner Schule stand über dem Eingang: "per aspera ad astra", also "durch Mühsal zu den Sternen". Das ist sehr schwer zu vermitteln. Aspera? Macht doch unglücklich! Sie können Aspera nur noch über den Sport vermitteln, aber auch da stelle ich das Eierlaufsyndrom fest. Wenn es anstrengend wird, tut es auch die Zuschauerkarte fürs Olympiastadion, nahe der Futterluke mit den Pommes.

Schulze: Ich muss sagen: Meine Studenten haben die Lektion kapiert. Das Studium der Soziologie ist wesentlich komplizierter geworden; es wurde mathematisiert, die Theorien haben sich ausdifferenziert. Aber die nehmen die Herausforderung an.

Jauch: Ich gebe zu: Mit 20 haben es doch einige begriffen. Aber dann geht's weiter: 17 Jahre, 13 oder 8 Jahre - da wird es manchmal mehr als mühsam.

Herr Schulze, Ihre These ist: Heute definiert jeder für sich seinen Lebenssinn. Welche Rolle bleibt der Religion?

Schulze: Ich finde es gut, wenn einem Religion gelingt: wenn man sich spirituell auf etwas beziehen kann, das nicht von dieser Welt ist. Mir gelingt dies nicht. Begegnungen suche ich in der Kommunikation mit anderen Menschen.

Jauch: Das sehe ich anders. Ich finde, dass Religion etwas sehr Tröstliches hat. In Momenten, in denen man kreuzunglücklich ist und sich von der Welt verlassen fühlt, mit einer höheren Instanz zu kommunizieren, bei der man durch den Glauben die Gewissheit hat: Die liebt mich, die sieht mich als einzigartig an, die hält ihre schützende Hand über mich und sieht einen Sinn in allem, was ich tue und was mir widerfährt - das ist eine große Hilfe.

Schulze: Meine Mutter hat mir mit einem Traum beschrieben, wie das für sie ist zu glauben. Sie träumte, sie liegt in einer großen Hand. Ich persönlich fühle mich nicht so, glücklich kann ich trotzdem sein.

Jauch: Ich kenne Menschen, bei denen sich eine Widrigkeit an die nächste reiht. Die sind trotzdem fröhlich und gar nicht gebeugt. Das hat ganz oft mit Gottvertrauen zu tun. Muss ich sagen. - Muss ich wirklich sagen. 

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