Eine Frau in Äthiopien schöpft Wasser aus einer Zisterne. Unbezahlte Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeiten werden weltweit vor allem von Frauen verrichtet. (Archivbild)
epd-bild/Bettina Rühl
Unbezahlte Haus- und Pflegearbeiten sind einer Oxfam-Studie zufolge für Frauen und Mädchen weltweit eine Armutsfalle. Die ungleiche Verteilung zwischen den Geschlechtern verschärfe außerdem die soziale Kluft, betont Oxfam.
20.01.2020

Mehr als zwölf Milliarden Stunden unbezahlter Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit leisten Frauen und Mädchen weltweit laut einer Oxfam-Studie jeden Tag. Das entspreche unter Mindestlohnbedingungen einem Gegenwert von rund zehn Billionen Euro pro Jahr, erklärt die internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation in ihrem am Montag veröffentlichen Bericht "Time to Care" zum Weltwirtschaftsforum in Davos. Unzählige weitere Stunden Arbeit verrichteten Frauen und Mädchen zudem zu Hungerlöhnen. "Diese Zahlen sind Ausdruck eines Wirtschaftssystems, das vor allem für wohlhabende Männer funktioniert", kritisierte Oxfam-Analystin Ellen Ehmke.

Für Frauen seien die Haus- und Pflegearbeiten häufig eine Armutsfalle. Die ungleiche Verteilung zwischen den Geschlechtern schaffe und verschärfe außerdem die soziale Kluft, betont Oxfam. Weltweit besitzen demnach Männer 50 Prozent mehr Vermögen als Frauen. 42 Prozent aller Frauen im erwerbsfähigen Alter könnten wegen Pflege- und Fürsorgeaufgaben kein Geld verdienen, während es bei Männern nur sechs Prozent seien.

Klimakrise verschärfe die Situation

"Weltweit erbringen Frauen und Mädchen jedes Jahr Pflege- und Sozialleistungen, die das Vermögen der Superreichen bei weitem übersteigen", sagte Ehmke. Während sich aber die einen "zurücklehnen und ihre Dividendenschecks zählen" könnten, tauche die Leistung der anderen nicht einmal in einer Wirtschaftsstatistik auf.

Die Klimakrise verschärft die Situation laut Oxfam weiter, weil beispielsweise in ländlichen Gebieten von Entwicklungsländern der Weg zur Wasserstelle weiter oder der Anbau von Gemüse schwieriger werde. In besonders hart vom Klimawandel betroffenen Ländern seien Frauen und Mädchen oft mehr als 40 Stunden pro Woche nur mit der Besorgung von Wasser beschäftigt - was in den meisten Ländern der Welt einer Vollzeitstelle entspreche.

"Regierungen auf der ganzen Welt müssen jetzt handeln"

Für Deutschland verweist Oxfam auf die Einkommenskluft zwischen Männern und Frauen, die im europäischen Vergleich "erschütternd hoch" sei. Über das gesamte Arbeitsleben hinweg sammelten Frauen hier nur etwa halb so viel Einkommen an wie Männer. Bei der Rentenlücke zwischen Männern und Frauen liege Deutschland in einer vergleichenden OECD-Studie auf dem letzten Platz.

"Regierungen auf der ganzen Welt müssen jetzt handeln, um eine am Menschen orientierte Wirtschaft aufzubauen, die das wertschätzt, was für die Gesellschaft wirklich wichtig ist, anstatt das Streben nach Profit und Wachstum immer weiter anzuheizen", appelliert Oxfam an die Entscheider in Davos. Ohne entschlossenes Handeln verschärfe sich das Problem nicht nur aufgrund des Klimadrucks weiter, sondern auch wegen des demografischen Wandels in vielen Ländern. In dem Schweizer Kurort kommen vom 21. bis 24. Januar etwa 3.000 Führungspersönlichkeiten aus Unternehmen, Regierungen und öffentlichem Leben zusammen, darunter rund 50 Staats- und Regierungschefs.

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