Berlin (epd). Die mehr als 300 mikroskopischen Präparate stammten aus dem Nachlass des Leiters des Berliner Anatomischen Instituts während des Nationalsozialismus, Hermann Stieve (1886-1952). Stieve bezog Leichen für Forschungszwecke aus dem Strafgefängnis Plötzensee, wo auch viele Widerstandskämpfer hingerichtet wurden.
Der Vorstandsvorsitzende der Charité, Karl Max Einhäupl, betonte anlässlich der Gedenkfeier, mit der Bestattung der mikroskopischen Präparate solle den Opfern ein Stück weit ihre Würde zurückgegeben werden. An der Zeremonie waren ein evangelischer, ein katholischer und ein jüdischer Geistlicher beteiligt. Die Präparate wurden am Montag in einem kleinen Sarg an der Friedhofsmauer bestattet.
Dienstleister der nationalsozialistischen Unrechtsjustiz
Auf der Gedenkplatte, die den Gedenkort künftig zieren soll, heißt es, dass in Plötzensee zwischen 1933 und 1945 mehr als 2.800 Menschen ermordet wurden. Die meisten von ihnen wurden danach zu Forschungs- und Lehrzwecken im Anatomischen Institut der Berliner Universität seziert.
Der Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Johannes Tuchel, nannte Stieve einen Dienstleister der nationalsozialistischen Unrechtsjustiz. Stieve veranlasste laut neuen Forschungsergebnissen den Abtransport der Leichen aus dem Strafgefängnis Plötzensee und sorgte für deren spätere Beseitigung durch Einäscherung. Darunter waren auch Leichen von Widerstandskämpfern, wie etwa des Umsturzversuches am 20. Juli 1944.
Die Charité erinnerte in der vergangenen Woche im Rahmen eines Symposiums an die Forschungen Stieves an Hingerichteten während der NS-Zeit und seine Verstrickungen in die NS-Unrechtsjustiz. Symposium und Gedenkfeier sind Teil des Projekts "GeDenkOrt.Charité - Wissenschaft in Verantwortung". Dazu gehört auch die Auseinandersetzung der Charité mit ihrer Vergangenheit.