Erfurt (epd). Die Jüdische Landesgemeinde in Thüringen hat die evangelische Kirche aufgefordert, sechs sogenannte Nazi-Glocken schnellstens abzuhängen. "Die anhaltende Unsensibilität gegenüber den Hitlerglocken ist für uns schmerzlich", sagte der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm, der "Thüringer Allgemeinen" (Mittwoch). Aus Kostengründen oder Bequemlichkeit werde eine Art der Traditionspflege zugelassen, die für ihn an Geschichtsvergessenheit grenze.
Vor einigen Monaten war bekanntgeworden, dass es auch in Thüringen noch Nazi-Glocken gibt. Laut Evangelischer Kirche in Mitteldeutschland (EKM) handelt es sich um sechs Glocken in fünf Kirchen. In den aus Apolda stammenden Glocken sollen keine Hakenkreuze oder Bilder eingraviert sein, versicherte eine Sprecherin der Zeitung. Der Nazizeit zuzuordnen seien sie durch eindeutige Widmungen.
Wo die Glocken hängen, bleibe geheim
Die Landeskirche habe den betroffenen Gemeinden angeboten, die Inschriften und Symbole mit Bezug zur NS-Zeit auf ihre Kosten durch Abschleifen zu entfernen. Die Entscheidung hierüber liege aber beim jeweiligen Gemeindekirchenrat, da die Kirchengemeinden Eigentümerinnen der Kirche seien, sagte die EKM-Sprecherin.
Wo die Glocken hängen, bleibe definitiv geheim. Die Kirchen sollen keine Wallfahrtsorte für Neonazis werden, hieß es zur Begründung. Vor Ort hätten die Enthüllungen große Betroffenheit ausgelöst, so die Sprecherin. Man gehe bei der Kirchenleitung von einem sensiblen Umgang mit den Glocken aus.