Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU, Archivbild)
epd-bild/Juergen Blume
Der Andrang ist groß: Mehrere Hundert Experten aus aller Welt widmen sich seit Montag in Berlin der Frage, wie weiter mit der Rückgabe von NS-Raubkunst? Zum Auftakt der internationalen Tagung legte Kulturstaatsministerin Grütters ein Bekenntnis ab.
26.11.2018

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hat den Willen der Bundesregierung zur Aufarbeitung und Rückgabe von NS-Raubgut bekräftigt. Es seien weiter erhebliche Anstrengungen nötig, "um die Aufarbeitung des NS-Kunstraubs voranzutreiben", sagte Grütters am Montag in Berlin zur Eröffnung einer internationalen Tagung über Provenienzforschung und den Umgang mit NS-Raubkunst. Die dreitägige Konferenz steht unter dem Motto "20 Jahre Washingtoner Prinzipien: Wege in die Zukunft".

Die 1998 vereinbarten Prinzipien hätten weltweit Maßstäbe für "gerechte und faire Lösungen" gesetzt, sagte Grütters. Dies sei eine Verpflichtung gegenüber den Opfern und Nachfahren der NS-Terrorherrschaft. Schätzungen zufolge haben die Nazis zwischen 1933 und 1945 mindestens 600.000 Kunstwerke geraubt, die Hälfte davon allein in Osteuropa. Mehrere Zehntausend befinden sich noch immer in öffentlichen Sammlungen oder in Privatbesitz.

Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, kritisierte zum Auftakt der Konferenz, dass es nach wie vor in fast allen europäischen Staaten Kunstwerke gebe, die in der NS-Zeit Juden gestohlen und noch nicht an die rechtmäßigen Besitzer rückübereignet wurden. Lauder forderte vollkommene Transparenz der Sammlungen von Museen und öffentlichen Archiven durch Digitalisierung der Bestände. Deutschland habe dabei eine besondere historische Verantwortung, sagte Lauder, lobte zugleich aber auch den Umgang Deutschlands mit dem Holocaust als beispielhaft.

Völkerrechtlich nicht bindend

Grütters unterzeichnete zum Auftakt der Konferenz gemeinsam mit dem Sonderbotschafter des US-Außenministeriums für Holocaust-Fragen, Stuart Eizenstat, eine Erklärung, in der sich beide Staaten zur weiteren Umsetzung der "Washingtoner Prinzipien" bekennen. Zugleich werden darin die bisherigen Fortschritte in Deutschland anerkannt. Das 1998 in der US-Hauptstadt verhandelte Abkommen war seinerzeit von rund 40 Staaten und weiteren jüdischen Organisationen unterzeichnet worden, ist aber völkerrechtlich nicht bindend.

Grütters betonte, Deutschland habe die Rahmenbedingungen für die Erforschung und Rückgabe von NS-Raubkunst seitdem stetig verbessert. Dabei verwies sie unter anderem auf die steigende Zahl von Rückgaben und den Ausbau der Provenienzforschung. Seit der Verabschiedung 1998 sind demnach bis September dieses Jahres mehr als 5.750 Kulturgüter an die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben zurückgegeben worden. Hinzu kamen mehr als 11.670 Bücher und anderes Bibliotheksgut. Von 2008 bis 2017 habe der Bund rund 31 Millionen Euro für Provenienzrecherche zur Verfügung gestellt. Für 2018 und 2019 seien rund 17 Millionen Euro vorgesehen.

Grütters verwies auch auf die Gründung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste 2015 in Magdeburg als entscheidenden Schritt für die Provenienzforschung. Hinzu gekommen seien einschlägige Professuren an deutschen Hochschulen und spezifische Datenbanken. Geplant ist außerdem eine zentrale Anlaufstelle, ein sogenanntes Help Desk, für Opfer des NS-Regimes. Auch die einseitige Anrufung der "Beratenden Kommission" solle bei Streitfällen mit Einrichtungen, die Bundesgelder erhalten, erleichtert werden. Zudem soll die Erbensuche finanziell unterstützt werden.

Herkunft von Kunstwerken erforschen

In der gemeinsamen Erklärung wird unter anderem die weitere Digitalisierung der Bestände in öffentlichen Museen, Bibliotheken und Archiven als nützliches Werkzeug beschrieben. Zudem soll die Prüfung der Bestände in deutschen Einrichtungen beschleunigt werden. Grütters rief private Kunstbesitzer, Sammler und Auktionshäuser auf, die Herkunft ihrer Kunstwerke zu erforschen. Die historische und moralische Verantwortung für die Aufarbeitung des NS-Kunstraubes liege nicht allein beim Staat, sagte Grütters. Eizenstat ergänzte, Provenienzforschung sei die Voraussetzung, um den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

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