Berlin (epd). In Deutschland fehlen eine Million Wohnungen und die Mieten steigen weiter. Der Deutsche Mieterbund zeigte sich am Dienstag in Berlin unzufrieden mit der Wohnungspolitik der großen Koalition. Zwar habe die Bundesregierung die Mietpreisbremse eingeführt und die Finanzmittel für den sozialen Wohnungsbau deutlich erhöht. Doch die Preisbremse funktioniere nicht, und der Bau neuer günstiger Wohnungen bleibe weit hinter dem Bedarf zurück, kritisierte Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips und sprach von einer "schlechten Bilanz". Die Grünen schlossen sich der Kritik an.
Mit 6,3 Prozent im Bundesdurchschnitt seien die Mieten 2016 noch stärker gestiegen als in den Vorjahren, kritisierte der Mieterbund. In den Großstädten Berlin, Hamburg, Frankfurt und München lägen zwei Drittel bis 95 Prozent der Mietangebote über der Obergrenze für die Mietpreisbremse, also über der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich zehn Prozent.
"Schlechtes Gesetz"
Die Mietpreisbremse war 2015 eingeführt worden. Die Bundesländer legen die Gebiete fest, in denen sie gilt. Angesichts der Wirkungslosigkeit wollte die SPD nachbessern und Vermieter zwingen, die Vormiete offenzulegen, scheiterte damit aber am Widerstand der Union. Rips sprach von einem "schlechten Gesetz". Die Mietrechtsreform sei steckengeblieben. Den zweiten Schritt, die Überarbeitung des Mietspiegels, habe die Koalition ganz aufgegeben. Der Mieterbund fordert, auch weiter zurückliegende Jahre für den Mietspiegel zu berücksichtigen, damit nicht allein die neuen, teuren Mieten den Spiegel weiter nach oben treiben.
Unzufrieden ist der Mieterbund auch mit dem Sozialwohnungsbau. Zwar seien die Bundeszuschüsse im vergangenen Jahr verdoppelt und für dieses Jahr und 2018 auf rund 1,5 Milliarden Euro verdreifacht worden, doch komme die Bautätigkeit mit dem Bedarf nicht mit. Benötigt würden 80.000 Sozialwohnungen pro Jahr, erklärte der Mieterbund. Gebaut würden aber nur rund 25.000 Wohnungen, während gleichzeitig der Bestand an Sozialwohnungen jedes Jahr um bis zu 60.000 Wohnungen schrumpfe. Kritisch sieht der Mieterbund außerdem, dass von 2020 an allein die Länder für den Sozialwohnungsbau zuständig sind.
An Ränder der Städte gedrängt
Bundesweit würden insgesamt jedes Jahr 140.000 zusätzliche Mietwohnungen benötigt, um den Druck aus dem Wohnungsmarkt zu nehmen, davon 80.000 Sozialwohnungen, erklärte Mieterbund-Chef Rips. Insgesamt brauche das Land rund 400.000 neue Wohnungen pro Jahr. Rips erneuerte die Forderung des Mieterbundes nach einer steuerlichen Förderung für den Bau bezahlbarer Mietwohnungen. Ein solches Programm im Umfang von zwei Milliarden Euro war Mitte 2016 am Streit zwischen Union und SPD gescheitert.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestags, Katrin Göring-Eckardt, unterstrich die Kritik des Mieterbundes: "Seit Jahren wird der Kampf um Wohnungen in Ballungszentren und Universitätsstädten immer härter", sagte sie. Die Koalition sehe zu, wie Familien, Geringverdiener und Alleinerziehende an die Ränder der Städte gedrängt würden.
Von Donnerstag an findet in Magdeburg der 67. Deutsche Mietertag statt, die zweijährliche Delegiertenversammlung des Mieterbundes. Direktor Lukas Siebenkotten forderte, die Wohnungspolitik müsse Wahlkampfthema werden, um der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft auf dem Wohnungsmarkt zu begegnen.