Flüchtlingskinder im evangelischen Kindergarten Brummkreisel in Espelkamp
epd-bild/Uwe Lewandowski
Flüchtlingskinder ab drei Jahren besuchen in Deutschland kaum seltener eine Kita als andere Kinder. Großen Nachholbedarf gibt es aber bei den unter Dreijährigen: Hier hat laut einer Studie nur jedes sechste Kind von Geflüchteten einen Kitaplatz.
10.05.2017

Acht von zehn Flüchtlingskindern über drei Jahre in Deutschland besuchen einer Studie zufolge eine Kita. Die Betreuungsquote liegt damit nicht viel niedriger als die bei allen Kindern dieser Altersgruppe, in der rund 95 Prozent einen Kitaplatz haben, wie aus der am Mittwoch veröffentlichten Erhebung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hervorgeht. Deutliche Unterschiede zeigen sich dagegen bei den unter Dreijährigen: Hier liegt die Kita-Nutzungsquote unter Kindern von Flüchtlingen mit 15 Prozent nur etwa halb so hoch wie bei allen Kindern (mehr als 28 Prozent).

Nachholbedarf bei Sprachförderung

Die DIW-Bildungs- und Familienökonomin Frauke Peter bezeichnete das als problematisch, da die Grundlagen für eine erfolgreiche Integration und gesellschaftliche Teilhabe möglichst früh gelegt werden müssten. Der spätere Bildungserfolg hänge stark von der Bildungs- und Betreuungssituation im frühkindlichen Alter ab, betonte die Koautorin der Studie: "Frühe Versäumnisse lassen sich später nur aufwendig wieder ausgleichen."

Auch bei der Sprachförderung von Schulkindern gebe es Nachholbedarf, heißt es in der Studie, über die zuerst die Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Mittwoch) berichtet hatten. Demnach bekommt nicht einmal jedes zweite Flüchtlingskind eine gezielte Sprachförderung. Etwa 25 Prozent besuchen sogenannte Flüchtlingsklassen.

In beiden Altersgruppen gibt es laut DIW einen Ost-West-Unterschied: In den ostdeutschen Bundesländern gehen mehr Flüchtlingskinder bis drei in eine Kita als im Westen. In der Altersgruppe der über Dreijährigen kehrt sich das Verhältnis um. Ob dies auf Faktoren wie die Erwerbstätigkeit oder den Bildungsstand der Eltern oder Stadt-Land-Unterschiede zurückzuführen sei, könne auf Basis der bisherigen Datenlage aber nicht näher untersucht werden, erklärte das Institut.

Fünf Prozent der Flüchtlingskinder gehen nicht zur Schule

Insgesamt gelte: Je älter das Kind, desto wahrscheinlicher gehe es in eine Kita. Je länger Kinder zwischen drei und sechs Jahren bereits in Deutschland und speziell in Westdeutschland lebten und je eher sie in einer privaten Wohnung statt einer Gemeinschaftsunterkunft lebten, desto häufiger besuchten sie eine Kindertagesstätte.

Mit Blick auf den Schulbesuch von Flüchtlingskindern erklärte das Forscherteam des DIW Berlin: "Angesichts der allgemeinen Schulpflicht hierzulande wenig überraschend, gehen mehr als 94 Prozent in eine Grund- oder Sekundarschule." Die Gründe dafür, warum rund fünf Prozent der Kinder nicht zur Schule gingen, müssten in Zukunft aber näher untersucht werden, betonte Studienautor Felix Weinhardt. Es sei wichtig zu verstehen, ob hier psychische Faktoren oder Kapazitätsprobleme eine Rolle spielten.

Die Untersuchung gibt nach Angaben des DIW erstmals repräsentativ Auskunft über die Bildungsbeteiligung von Flüchtlingskindern. Die Daten basieren auf einer Befragung des Sozio-oekonomischen Panels, des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Befragt wurden mehr als 4.500 Erwachsene, die zwischen 2013 und 2016 nach Deutschland geflüchtet sind.