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Evangelische Kirche Langenhain, Sonntag, 10 Uhr: Von der Empore vorne überm Altar beobachtet der Organist, wie die etwa 35 Gottesdienstbesucher eintrudeln. Sie verteilen sich aufs graue Gestühl im verwinkelt-hessischen Barockkirchlein. "Lobet den Herrn, denn er ist sehr freundlich", singt die Gemeinde. Und schon grüßt von vorne Dekan Martin Fedler-Raupp, der heute die Pfarrerin vertritt. Er freue sich, mit der Langenhainer Gemeinde Gottesdienst zu feiern. Bei dem Strahlen im Gesicht nimmt man Fedler-Raupp das glatt ab. Er spricht mit weicher, gütiger Stimme: Psalm, Kyrie, Gloria, Kollektengebet, und dann – hoppla, was kommt jetzt? Da tönt aus der letzten Reihe mit fester Stimme: "Wir erheben uns zu Gottes Wort und singen: Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht, Nummer 572." Ein Ortskundiger ist eingesprungen. Denn der Dekan, zu Gast aus dem fernen Kronberg, kann den lokalen liturgischen Brauch ja gar nicht kennen. Wie schön demokratisch Protestantismus doch sein kann! Und die Liedstrophe passt gut vor die Evangeliumslesung. Prädikat: nachahmenswert.
chrismon
Dann ist es wieder da: das Lächeln Dekans
Predigttext ist eine Passage aus dem zweiten Korintherbrief, in der sich der Apostel seiner Schwachheit rühmt. "Klappern gehört zum Handwerk", sagt Fedler-Raupp. Und: "Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr." Schon immer hätten sich Menschen angepriesen. Auch Paulus scheine sich auf dieses Spiel einzulassen. Aber anstelle seiner Vorzüge rühme er sich seiner Krankheit und Gebrechen. Paulus habe unter Schmerzen gelitten, die sich allen Bitten zum Trotz nicht lindern ließen. Genau das sei die Kernaussage des Glaubens: "Wo ich an meine Grenzen komme, ist Christus da und tritt ein für meine Schmerzen." Klappern gehöre zum Handwerk, resümiert Fedler-Raupp. "Aber wir klappern nicht für uns selbst, sondern für die Kraft, die Christus uns gibt." Nach der Predigt singt die Gemeinde: "Wer nur den lieben Gott lässt walten" – sieben Strophen. Der Organist hält das Tempo wacker, so klingt das Lied nicht wehleidig.
Die zehn Konfirmanden vorne links halten bis zum Schluss still. Sogar während der Stille zwischen Fürbitten und Vaterunser ist kaum Jackengeraschel zu hören. Ein junger bärtiger Kirchenvorstand verliest schwungvoll die Abkündigungen und dankt dem Dekan, dem Organisten und allen freiwilligen Helfern beim gestrigen Kirchenputz. Dann ist es wieder da: das befreite Lächeln des segnenden Dekans. So fröhlich, da vergisst man glatt das Schneegestöber vor der Tür.
Evangelische Kirchengemeinde Langenhain, Alt Langenhain 41, 65719 Hofheim