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St.-Martini-Kirche, Stadthagen, Sonntag, 10 Uhr: Mit dem letzten Glockenschlag ziehen sie ein: Altersweise und Nimmersatte, Gesunde und Wohlbeleibte, Mühselige und Beladene. Rund 70 Männer und Frauen sind heute in die Stadthagener Martini-Kirche gekommen, die Kirche ihrer Kindheit. Die Herren im Anzug oder mit Jeanweste, die Damen mit Rüschenbluse oder im beigen Hosenanzug. Sie alle lassen sich daran erinnern, dass sie vor 60, 65 oder sogar 70 Jahren hier konfirmiert wurden.
Uwe Birnstein
Vor Gott seien diese Jahre "weniger als ein Wimpernschlag", erklärt die junge Pastorin. "Lobe den Herren", schmettern die Orgel und die Posaunen im Wechsel. Die große Gemeinde dankt singenderweise, dass Gott die Menschen "auf Adelers Fittichen sicher geführet" hat.
Heute soll es festlich werden. Doch dann wird ein gar nicht lieblicher Text vorgelesen: Jesus habe wütend die Händler aus dem Tempel getrieben. "Gib Frieden, Herr, gib Frieden", mahnt das nächste Lied. Der Predigttext aus Jesaja 62 handelt ebenfalls von Krieg und Frieden: "Ich will dein Getreide nicht mehr deinen Feinden zu essen geben." Die Pastorin greift in die biblische Geschichtskiste: Die Israeliten hätten unter den babylonischen Besatzern gelitten; der Prophet habe den Leidenden Hoffnung gemacht, dass Gott für neues Heil sorgen werde.
Sie haben den Krieg mitbekommen
Die 70 Konfirmationsjubilare, 1948, 1953 oder 1958 konfirmiert, lebten alle schon zu Kriegszeiten. "Mancher Junge bekam Manschettenknöpfe aus alten Uniformknöpfen", erinnert die Pastorin. Und sie wünscht sich von den Jubilaren unter ihrer Kanzel, dass sie auch im Alter noch den Frieden suchen. Und dass sie ihre Lebenserfahrung an die Jugend weitergeben: "Damit jüngere Generationen den Wert des Friedens begreifen!" Die junge Frau zeigt sich gleichzeitig als Lernende und Lehrende.
"Bis hierher hat mich Gott gebracht", singt sie mit der Gemeinde. Als die Gnaden-, eisernen und diamantenen Konfirmanden zum Segen an den Altar treten, wird es wieder festlich. "Komm, sag es allen weiter", das fröhliche Lied leitet das Abendmahl ein. Die Pastorin singt die Einsetzungsworte zum Abendmahl – mit schöner Stimme! Und doch zieht auf einmal große liturgische Schwere in die 700 Jahre alte Kirche. Danach wirkt es ein wenig steif, wie Jung und Alt in großen Kreisen das Abendmahl empfangen. Doch dann geht’s raus in die Schaumburger Sommerluft: Voran die junge Pastorin, ihr folgen die 70 Alten, dann alle anderen. Da gibt es viel zu erzählen.
Pastorin Nora Vollhardt
St. Martini-Kirche
Am Kirchhof, 31655 Stadthagen
Tel. 05721 / 7807 11