Ja, aber nicht öffentlich damit prahlen.
Lena Uphoff
15.11.2010

Als mir neulich jemand erzählt hat, dass Königin Elisabeth von England persönlich ihre Tiefkühltruhe fülle, gerne ab und an für Prinz Philip und sich einen Lunch zubereite und dann mit ihrem Gemahl vor dem Fernseher einschlafe, dachte ich: Vielleicht stimmt es ja nicht, aber es wäre schade, wenn es nicht der Wahrheit entspräche.

Aus Spaß Geschirr spülen hat einen obszönen Charakter.

Den Hochadel umweht von alters her der Hauch von Exotik, wenn er sich - ohne jede Not - den biederen, alltäglichen Verrichtungen der Untertanen widmet. Wenn jemand aus purem Spaß Geschirr spült, Unterhosen wäscht oder Schuhe putzt, dann hat das - ich möchte tatsächlich so weit gehen - einen perversen Zug, einen unechten, ja obszönen Charakter.

Nun geht die Queen mit ihren kleinbürgerlichen Vorlieben nicht öffentlich hausieren, erzählt nichts davon auf der Couch von "Wetten dass ..." oder bei "Menschen des Jahres" - und dafür sei sie gelobt. Würde sie mit ihrem Hang zu den Arbeiten des Personals prahlen, sie öffnete damit der Monarchie das Tor zur Gruft. "Sie wollen Ihren Hauskram selbst erledigen? Das können Sie haben - tagaus, tagein. Wir nehmen Ihnen die Last des Hermelins von der Schulter und die der Krone vom ergrauten Haupt."

Also behält es Elisabeth aus dem Hause Windsor für sich, dass sie gerne ihren Hunden selbst das Fressen serviert und dem persönlichen Gaul die Heckpartie wienert. Diese Haltung ist das eigentlich Königliche an ihr, dieses Stillschweigen über Privates bis an den Rand der Selbstverleugnung oder noch darüber hinaus. Wie gerne hätte sie geschimpft und getobt, öffentlich geweint und gejammert zu all den menschlichen Tragödien, Skandalen und Skandälchen unter den Royals in den letzten Jahrzehnten! Sie biss die Zähne zusammen und verlas merkwürdig distanzierte Erklärungen "an mein Volk". Respekt, Frau Windsor! , rufe ich ihr als alter Republikaner zu.

Die bürgerliche Welt sollte etwas königlicher werden

Wenn ich mir in der letzten Kolumne des Jahres 2007 etwas wünschen darf, zu Weihnachten vielleicht: Die bürgerliche Welt - vor allem soweit sie in den Medien auftaucht und uns mit Schwallen überflüssiger Beredsamkeit duscht - sollte etwas königlicher, etwas weniger indiskret werden.

Es mag sein, dass ein Fußballer und ein Sportreporter es für außergewöhnlich halten, mehr zu lesen als die Gebrauchsanweisung einer Spielkonsole - sie sollten es für sich behalten. Es ist wünschenswert, wenn eine Radiomoderatorin ihr Moppel- und Runzel- und Weißichwas-Ich in Schranken hält - bleiben Sie Fröhlich und tun Sie es privat! An all die Hobbyköche und -köchinnen: Rühren Sie uns mit Ihren professionellen Leistungen und rühren Sie Ihren Pudding Weihnachten in der eigenen Kochmulde nur für Ihre Lieben.

Pflichtbewusstsein solte man nicht zu Leistung stilisieren

Es ist obszön, mit Arbeiten zu kokettieren, sie zu Leistungen zu stilisieren, die mit Ernst und Pflichtbewusstsein im Alltag zu erledigen sind von all jenen, die ihr eigener Putzmann, ihre eigene Köchin, ihre persönliche Kosmetikerin sein müssen.

Am widerlichsten allerdings ist die Talkshow-Klage darüber, dass die Medien das Privatleben und die Intimsphäre derer nicht respektieren, die täglich in den Spalten der Boulevardmedien einen Sozialstrip hinlegen. Sie wundern sich tatsächlich wie der alte Zauberlehrling, wenn die gerufenen und stets willkommenen Geister der Publicity nicht einfach wieder nur Besen sein wollen und lautlos verschwinden, wenn es einem nicht passt.

Es geht auch anders. Bewiesen hat es bis zu ihrem frühen Tod und noch Tage über ihn hinaus "unsere Königin der Herzen", die Schauspielerin Evelyn Hamann. Ihre schwere, letzthin tödliche Erkrankung hatte sie ebenso erfolgreich für sich behalten, wie Person und Namen ihres letzten Lebensgefährten. Sie hat nicht gejammert, als sie litt. Und nie, gar nie hat sie uns mit Homestorys gequält. Sie hat uns über viele Jahre einfach nur mit ihrer Kunst erfreut. Königlich!

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