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Zuallererst bin ich Vater. Es fühlt sich merkwürdig an, das so hinzuschreiben. Als würde ich die ganzen anderen Seinsweisen, die ich auch noch bin, damit abwerten. Aber so ist es natürlich nicht gemeint. Es scheint mir nur von allen Rollen in meinem Leben die Wichtigste zu sein. Ich liebe zum Glück meine Frau, meine Freunde, auch die erweiterte Familie und auch meinen Beruf. Aber all die würden schon irgendwie ohne mich auskommen. Meine Kinder vielleicht auch, aber dennoch: Ihnen würde mein Fehlen wohl am nachhaltigsten schaden.
Mein Kollege Michael Güthlein, mit dem ich diese Kolumne im Wechsel schreibe, hat geschrieben, sein Leben sei durch die Kinder nicht sinnvoller geworden. Oder zumindest: Es sei auch ohne Kinder sinnvoll gewesen. Das ist klar. Denn jeder schafft sich ja seinen Sinn, sucht sich sinnvolle Betätigungen. Das kann so viel Unterschiedliches sein, dafür brauche ich keine Kinder. Aber ich glaube, Kinder haben gibt eine andere Art von Sinn. Es ist etwas anderes, für mehrere Kinder verantwortlich zu sein als hauptsächlich für sich selbst.
Für meine Kinder bin ich nicht austauschbar. Was gibt es sonst schon, was nicht auch jemand anders für mich machen kann? Um das zu denken, muss man schon ein Genie oder Narzisst sein. Aber im Verhältnis Kinder zu den Eltern ist das anders. Sobald die Beziehung einmal da ist, kann sie nicht richtig ersetzt werden. Meine Kinder brauchen mich.
Und ich sie auch. Es ist ganz merkwürdig, zwar denke ich oft, oh man, jetzt reichts, wie schön wäre es einfach mal wieder alleine zu sein, machen zu können, was ich möchte. Aber sobald ich längere Zeit ohne die Kinder bin, fehlen sie mir geradezu körperlich. Es fühlt sich so an, als fehlt ein Teil von mir. Ich bin gespannt, wie sich das entwickelt, wenn die Kinder noch älter sind. Jetzt ist es noch so, dass es den Kindern auch so geht.
Obwohl es sich schon langsam ändert. Unser Zehnjähriger spielt Rugby. Letztens war er für ein Turnier in London nominiert. Meine Frau und ich hatten keine Zeit mitzufliegen. Also haben wir gesagt, wenn du dich traust, flieg ohne uns, nur mit der Mannschaft. Er hatte kein Problem damit. Ich habe ihn Samstag um 6 Uhr morgens zum Flughafen gebracht, am Sonntagabend wieder abgeholt und als er durch die Tür des Sicherheitsbereichs nach draußen kam, kam er mir vor wie ein Erwachsener. Und es war kein Wort aus ihm herauszubekommen, dass das jetzt so eine große Sache gewesen sei – alles easy. Wir waren aber 48 Stunden nervös gewesen.
Ich habe mich darüber gefreut und war trotzdem ein bisschen bedrückt. Seine Selbstständigkeit macht mich stolz, aber sie zeigt mir auch, dass meine Bedeutung für ihn schon langsam wieder abnimmt. Aber verschwinden wird sie hoffentlich nie ganz. Vatersein ist eine Lebensaufgabe.