- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
Nach dem Beispiel Herrnhut geht es heute um die Kirchengemeinde Kieve-Wredenhagen, die ihr Land ebenfalls nach ölkologischen Kriterien verpachtet. Insgesamt geht es dabei um mehr als 180 Hektar. Ein Interview mit Christine Jantzen, sie engagiert sich in der "AG Pachtverträge" der Kirchengemeinde.
Frau Jantzen, Ihre Kirchengemeinde hat schon früh ökologische Kriterien bei der Verpachtung von Kirchenland berücksichtigt, sie sind seit über zehn Jahren dabei und haben viel Erfahrung. Welchen Tipp haben Sie für Gemeinden, die nun umdenken?
Christine Jantzen: Unser wichtigster Rat: Macht eine gründliche Ist-Analyse! Dazu gehören Antworten auf Fragen wie: Wie viel Land verpachten wir? Wann genau laufen die Verträge aus? Wie viele Pächter gibt es? Und bewirtschaften diese Pächter vor allem, vielleicht sogar ausschließlich Kirchenland? Aus den Antworten auf diese Fragen ergibt sich dann oft schon ein Plan, wie es sinnvoll weitergehen kann.
Und dann?
Wenn man diese Informationen hat, kann man sich fachlichen Rat holen, welche Maßnahmen der Umwelt helfen. Wir sind damals leider erst sehr spät auf Fairpachten gestoßen, aber die Gespräche waren noch sehr hilfreich. Und: Ich würde, nach der Ist-Analyse, die Landwirte ins Boot holen.
Was heißt das konkret?
Wenn wir heute nochmal von vorne anfangen würden, würde ich mit Hilfe von Angeboten wie Fairpachten einen Katalog erarbeiten mit - zum Beispiel - 20 Maßnahmen. Die können von Blühstreifen bis hin zur Gestaltung von Hecken und Knicks reichen. Und den Landwirten würde ich sagen: „Es muss sich was ändern, die Bewahrung der Schöpfung liegt uns am Herzen, hier sind 20 Maßnahmen - sucht euch bitte acht davon aus.“ Dann sind die Pächter im Boot und fühlen sich nicht bevormundet.
Wie aber soll ein Kirchengemeinderat kontrollieren, ob hinterher alles so umgesetzt wird?
Als Christinnen und Christen sind wir mit Vertrauen an das Thema herangegangen. Und mit Pragmatismus: Selbst wenn nur die Hälfte der Bedingungen erfüllt werden, verbessert sich die Lage für die Natur! Wir sind nicht enttäuscht worden, im Gegenteil. Pachtland ist teuer, kein Pächter will riskieren, sein Land zu verlieren, weil er vertragsbrüchig wird. Und noch viel wichtiger ist: Die Landwirte sehen, dass die Veränderungen auch ihnen helfen.
Können Sie uns dafür ein Beispiel geben?
Wer Mais anpflanzt, muss eine Untersaat einbringen, zum Beispiel Klee. Der Klee unterdrückt das Unkraut, Pestizide werden überflüssig. Und: Der Klee verhindert, dass der Boden erodiert. Bei Wind hatten wir hier früher regelrechte Sandstürme, das ist viel besser geworden.
Was haben Sie persönlich in dieser Zeit gelernt?
Viel! Wir leben in Zeiten, in denen die Kirchenbindung zurückgeht. Wenn eine Kirchengemeinde dieses Thema besetzt, hat das eine starke Außenwirkung, das ist Werbung für die Kirche. Und: Ich bin parteilose Bürgermeisterin, auch auf den Gemeindeflächen unseres Ortes haben wir uns für Renaturierung und Vernässung von Mooren eingesetzt. Dadurch sind grüne Themen im Ort präsent. Das meine ich nicht parteipolitisch, aber mit diesen Inhalten identifizieren sich die Menschen und bringen sich ein. Dadurch hatten wir hier auf dem Land ein gutes Ergebnis für Parteien, die das Thema ebenfalls besetzen. Ich finde, in Zeiten des Rechtsrucks ist das eine wichtige Erkenntnis. Und rein fachlich gesehen habe ich auch was mitgenommen.
Und das wäre?
Im Spätherbst geben Blühstreifen ein trauriges Bild ab, sie sind welk und fallen in sich zusammen. Wir wollten sie schon mulchen lassen, haben aber von Fairpachten gelernt: bloß nicht! Das darf man erst im Frühjahr nach der Frostperiode machen.
Warum?
Weil die Blühstreifen bis dahin Insektenlarven beherbergen. Ich hatte keine Ahnung, dass das so ist. Aber es ist schön, wenn dieses Wissen wiederbelebt wird.
Tipp: Das Engagement der Kirchengemeinde Kieve-Wredenhagen war – um im Bild zu bleiben – eine Saat, aus der ein Infoportal hervorgegangen ist, besonders für Gemeinden aus dem Gebiet der Nordkirche. Bitte klicken Sie hier, um zum Infoportal Kirchenland zu gelangen.
Die sinnvolle Verpachtung von Kirchenland ist auch Thema einer Tagung an der Evangelischen Akademie in Loccum vom 15. bis 17. März. Unter anderem berichtet dort auch Christine Jantzen über ihre Arbeit. Klicken Sie hier, um mehr über das Programm zu erfahren.