Wie im richtigen Leben.
15.11.2010

Millionen sahen es im Fernsehen: Der deutsche Fußballbundestrainer redete sich am Spielfeldrand dermaßen in Rage, dass er vom Schiedsrichter auf die Ränge verbannt wurde. Unvergessen ist auch der französische Fußballstar, der bei der Weltmeisterschaft 2006 einen italienischen Gegner mit dem Kopf zu Boden rammte und die Welt rätseln ließ, welche Beleidigung diese heftige Reaktion ausgelöst haben mochte. Solche Fouls lassen schnell nach mehr Fairness rufen. Und deshalb haben die Unparteiischen auf dem Fußballfeld - und bald auch die der olympischen Wettkämpfe in Peking - eine wichtige Aufgabe.

Wer fair handelt, kann gewinnen

Fairness soll den Wettkampf, das Spiel voranbringen, und zwar so, dass eben der Bessere, der Geschicktere, der Stärkere, der Ausdauernde siegt und nicht der, der sich mit üblen Tricks den entscheidenden Vorteil verschafft. So wird ein fairer Wettkampf zugleich auch ein Lehrbeispiel für das Zusammenleben der Menschen. Wer fair handelt, kann gewinnen - nicht nur im Stadion, sondern auch am Arbeitsplatz.

Seit Jahren erforschen Sportwissenschaftler das Fairnessverhalten von Fußballspielern. Zwei ihrer Erkenntnisse sind dabei besonders interessant: Zunächst hat der Trainer einen sehr großen Einfluss darauf, ob seine Spieler bereit sind, gegen die Regeln der Fairness zu verstoßen. Toleriert der Trainer unfaires Verhalten seiner Spieler, verhalten sie sich eher unfair. Spricht sich der Trainer hingegen offen gegen Regelverletzungen aus, foulen seine Spieler auch tatsächlich weniger. Leitbilder zu setzen ist also ausgesprochen wichtig.

Eine Untersuchung unter Jungfußballern deckte einen anderen bezeichnenden Zusammenhang auf: Wenn ein Gegner vor dem Tor auftaucht und nur durch ein Foul am Schuss gehindert werden kann, foult der junge Fußballer eher, wenn seine Eltern auf der Tribüne sitzen. Daraus lässt sich der Schluss ziehen: Unfaires Verhalten nimmt dann zu, wenn der Sportler geliebt sein möchte und dafür alles tun kann.

Lehrbeispiele für die Gesellschaft

Zwei Lehrbeispiele für die Gesellschaft? Das möchte ich meinen. Auch im Beruf und im Privatleben sind Menschen oft dann zur Fairness bereit, wenn sie über "Trainer" verfügen, die ihnen Leitbilder der Gerechtigkeit nahegebracht haben. Und es lässt sich auch beobachten: Menschen orientieren sich dann leichter an Normen und Regeln, wenn sie sich nicht stets neu beweisen müssen, dass sie geliebt und geschätzt werden.

Es gibt gesellschaftliche Bereiche, in denen es an Leitbildern mangelt. Nicht jede Schule, nicht jede Berufsgruppe hat die notwendige Sicherheit darin, welchen Leitlinien sie folgen soll. Auch die öffentlichen Debatten über die deutschen Eliten berühren die Frage, welchen Leitbildern sie folgen sollen: Wo darf der eigene Nutzen im Vordergrund stehen, wo hat der Nutzen für die Gesellschaft Vorrang? Jeder wirklich gute Mannschaftskampf macht deutlich: Wer ohne Rücksicht auf andere und ohne fantasievolles Zusammenspiel zum Ziel gelangen will, hat sich verrechnet.

Es gibt viele Leitbilder für ein faires soziales Zusammenspiel. Ein ganz besonderes ist die goldene Regel aus der Bergpredigt Jesu: "Behandelt die Menschen so, wie ihr selbst von ihnen behandelt werden wollt" (Matthäusevangelium 7,12). Wie sähe wohl ein Mannschaftsspiel, wie sähen olympische Wettkämpfe aus, die dieser Maxime folgten? Ganz schnell würde deutlich: Jesu Leben und Lehre geben gute Regeln für das ganze pralle Leben bis heute. Wie auch seine Botschaft: Unser Wert hängt nicht davon ab, dass sich Erfolg an Erfolg reiht. So schön es auch ist, Erfolg zu haben.

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