Ein Land im Fußballfieber. Kaum eine Veranstaltung in Deutschland, kaum ein Werbespot, in dem nicht in irgendeiner Form auf das Großereignis Fußball-Weltmeisterschaft Bezug genommen wird. Auch ich freue mich auf die WM, darüber, dass dieses Fußball-Weltereignis wieder einmal in Deutschland stattfindet. Und dass wir Gastgeber für Menschen aus aller Welt sein dürfen, die sich auch als Gäste wie bei Freunden fühlen sollen.

Dazu passt jedoch nicht, dass wir diesen Gästen alles Mögliche unterstellen. Zum Beispiel, dass sie besonders sexversessen seien. Dass sie nichts anderes im Sinn hätten, als die Fußball-WM dazu zu nutzen, um Prostituierte aufzusuchen. Wer die Berichterstattung mancher Medien während der vergangenen Wochen verfolgte, konnte durchaus den Eindruck gewinnen, dass es den Fußballfans um nichts anderes ginge.

Wir Christen sind gegen jede Form von käuflichen sexuellen Handlungen

Wir Christen sind grundsätzlich gegen jede Form von käuflichen sexuellen Handlungen. Sexualität gehört in den Raum der Liebe zweier Menschen, sie kann und darf nur freiwillig praktiziert werden und nicht gegen Bezahlung.

Wir als Kirche akzeptieren, dass in unserem Land Prostitution nicht strafbar ist. Und wir akzeptieren, dass Männer, die diese in Anspruch nehmen, anders als in Schweden nicht bestraft werden. Das darf allerdings nur dann gelten, wenn die Frauen nicht zur Prostitution gezwungen werden.

Frauen werden regelrecht weiterverkauft

Über die Zahl der Zwangsprostituierten in Deutschland gibt es nur Schätzungen. Man kann von etwa 10 000 betroffenen Frauen ausgehen. Sie werden meist unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Deutschland gelockt, wo ihnen der Pass abgenommen wird und sie unter Anwendung von Gewalt zur Prostitution gezwungen werden, oft genug ohne dafür irgendwelches Geld zu erhalten. Nicht selten werden diese Frauen regelrecht weiterverkauft.

Dies sind klare Menschenrechtsverletzungen, die wir als Kirche entschieden verurteilen. Die Menschenwürde ist ein wichtiges Gut. Deshalb appelliere ich an alle Männer, sehr sorgsam darauf zu achten, ob irgendwelche Anzeichen darauf hindeuten, dass eine Frau sich in solch einer Notlage befindet ­ und wenn ja, dass sie diese nicht ausnutzen, sondern die Polizei verständigen.

Ich appelliere an die Politik, die Strafandrohung nicht so zu gestalten, dass Männer von solcher Hilfeleistung abgehalten werden, weil sie selbst Angst vor Strafe haben müssen.

Und ich appelliere an die Organe der Justiz und des Staates, Zwangsprostituierte nicht unter einen unnötigen hektischen Ausreisezwang zu stellen, um ihre Bereitschaft nicht zu vermindern, gegen ihre Peiniger auszusagen.

Mit Staunen habe ich gelesen, dass ein schwedischer Ombudsmann dazu auffordert, die Fußball-WM zu boykottieren, da sie die Zwangsprostitution fördere. Dies halte ich für total absurd.

Wenn die Berichterstattung in den Medien über das Thema Zwangsprostitution ein Gutes hat, dann dies: dass wir uns in Deutschland endlich mit diesem scheußlichen Thema beschäftigen ­ um die Schuldigen zu bestrafen und um den betroffenen Frauen endlich zu helfen.

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