Urlaub: Woher nehmen wir die Ruhe, Ruhe zu haben?
Und was passiert mit uns im Urlaub, wenn wir uns auf unerwartete Erfahrungen einlassen?

Es ist Urlaubszeit. Die meisten werden die schönste Zeit des Jahres schon perfekt durchorganisiert haben. Jetzt geht es noch um „Äußerliches“: Wird das Wetter gut? Wie ist das Essen? Und war es wirklich so eine gute Idee, die Schwiegereltern mitzunehmen?

Von wegen äußerlich. Störgefühle suchen die Vorfreude heim. Dabei soll man sich doch eigentlich entspannen. „Entspann dich!“, mit Ausrufungszeichen, das ist schon in sich eine Paradoxie, denn je mehr man willentlich versucht, sich zu ­erholen, desto mehr verkrampft man. Wird der Urlaub überschätzt? Warten sowieso nur Stress, Streit und Storno statt Sonne, Sauna und Seele-baumeln-Lassen? Und können wir das überhaupt, uns aus­ruhen? Die Welt dreht sich weiter, um mich herum tobt es, und ich soll Ruhe ­halten? Womöglich werde ich währenddessen vom Rest der Welt vergessen, ohne es zu merken. 

Dank Twitter und Facebook immer in Verbindung, aber das beruhigt nicht wirklich

Wenn man als Teenager mit den Eltern in den Urlaub fahren musste, hieß das, die Freunde sich selbst zu überlassen. Die er­leben Gemeinsames, und ich bin danach wahrscheinlich außen vor – schrecklich! Heute, mit Twitter und Facebook, ist man im Urlaub zwar nicht abgeschnitten von der Welt, aber beruhigend ist das keineswegs.

Denn so bekomme ich auch noch ständig mitgeteilt, was die anderen gerade Großartigeres als ich erleben oder tun.  „Wie ist mir so weh! Mein Herz pocht mir im Leibe, und ich habe keine Ruhe; denn ich höre der Posaune Hall, den Lärm der Feldschlacht“, heißt es im biblischen Buch  Jeremia (4,19). Geht das überhaupt: einfach pausieren, während die alltägliche Schlacht tobt?

Manche große Unternehmen verordnen ihren Mitarbeitern eine Mail- und Handy­pause im Urlaub. Aber ist das so einfach? Woher nehme ich die Ruhe, Ruhe zu ­haben? Wie kommen die anderen Saiten in mir zum Klingen, die fast verstummt sind im Alltagstrott, den immer wiederkehrenden Gewohnheiten? Wie komme ich an die vergessenen Facetten meiner Seele heran?

Wir brauchen Platz in unserem Herzen, damit wir lebendig bleiben

Dazu reichen vielleicht schon kleine ­Anstöße: eine Melodie oder ein Blick, die mich im Inneren treffen. Ein Wort, eine  Berührung, ein Lachen. All das ist nicht planbar, nicht berechenbar. Nichts davon kann man bestellen und vorab bezahlen und hinterher einklagen. All das und noch mehr macht aber unser Leben aus. Wir brauchen Platz in unserem Herzen dafür, damit wir lebendig bleiben.

Es gibt eine schöne Passage in der Bibel,  im 2. Buch Samuel. Da heißt es: „Als nun der König (David) in seinem Hause saß und der Herr ihm Ruhe gegeben hatte vor allen seinen Feinden umher ...sprach (der Prophet) Nathan zu dem König: Wohlan, alles, was in deinem Herzen ist, das tu, denn der Herr ist mit dir.“ (7,1.3)

Die Ruhe, die Unterbrechungen, die unerwarteten kleinen Glücksmomente: Sie sind Geschenke, für keine Gegenleistung erhältlich. Sie liegen nicht in unserer Hand, aber wir können uns – auch im Alltag – dafür öffnen. Das, was im Herzen ist, wollen wir manchmal nicht wissen, weil es uns stören oder verstören könnte. Es ist aber auch das, was uns heiter und leichter macht, weil wir dabei in uns selbst Neues und Reiches entdecken.

Und die Welt, die sich weiterdreht, wird hoffentlich ihre Freude an uns haben, weil wir reicher zurückkommen aus der Ruhe, die Gott uns gab. Deshalb mein Wunsch für Sie und Ihre Urlaubszeit – ich habe ihn teilweise dem Propheten Nathan entlehnt: Wohlan, tun Sie alles, was in Ihrem Herzen ist, und haben Sie einen wunderbaren ­Urlaub!

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das tat gut zu lesen .....

die unerwarteten momente genießen und dafür einen platz, einen raum im
herzen zu haben ..... danke.