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Und der Herr redete abermals zu Ahas und sprach: „Fordere dir ein Zeichen vom Herrn ...“ Aber Ahas sprach: „Ich will’s nicht fordern, damit ich den Herrn nicht versuche.“ Da sprach Jesaja: „... Ist’s euch zu wenig, dass ihr Menschen müde macht? Müsst ihr auch meinen Gott müde machen? Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel.“
Aber Jesaja geht das auf die Nerven. „Hört endlich auf, dem lieben Gott in den Ohren zu liegen“, sagt er. – „Seht selbst hin. Übernehmt Verantwortung!“, möchte ich ergänzen. „Ihr müsstet längst wissen, wie Frieden geht.“ – „Das mag sein“, antworten die Leute. Aber die Bedrohung kommt von außen! Wir haben Angst vor dieser Armee. Sie wird uns überrollen! Stimmt, denke ich. Was nun?
„Deshalb wird euch Gott selbst ein Zeichen geben: Sieh doch, eine junge Frau ist schwanger, sie wird ein Kind gebären und es ,Gott ist mit uns‘ nennen“, flüstert Jesaja. Gottes bevorzugte Einmischung ist die Neuschöpfung. Wir können sie im Gebären und Geborenwerden erleben. Gott entmachtet den Tod vom ersten Schöpfungstag an. Geburt ist der Beweis für Gottes Widerstandskraft.
Hier ist von einer jungen Frau die Rede. Der hebräische Text weiß nichts von einer Jungfrau. Sie hat sich erst durch die Hintertür einer griechischen Übersetzung der Bibel, die an dieser Stelle Jungfrau schreibt, in das Denken und Glauben des Gottesvolkes eingeschlichen. Diese junge Frau ist eine von denen, die sich über ihre Schwangerschaft freuen. Sie erwartet das Kind, das in ihr heranwächst, voller Spannung. Sie will ihrem Glück Ausdruck verleihen und wird das Kindchen als Zeichen für die lebendige Anwesenheit Gottes verstehen. „Gott ist mit uns“ soll es heißen: Immanuel.
Gottes Aufstand gegen Gewalt
Jedes Kind, das geboren wird, ist Gottes Aufstand gegen Gewalt. Immer wieder offenbart sich in der Ohnmacht der Allerkleinsten eine zauberhafte Wahrheit über diese Welt: „Siehe, es war sehr gut.“ Fast niemand kann diesem Staunen widerstehen, wenn ein Leben neu beginnt. Die stursten Krieger mögen lächeln und die erschöpftesten Sklavinnen müssen lachen. Welch eine Gnade, geht es mir jedes Mal durch Herz und Verstand, wenn ich wahrnehme, wie großartig es ist, dass Kinder bei uns heranwachsen. Wir Erwachsenen mit unseren Härten, Narben, Verletzungen, mit unserer Schuld und Schuldigkeit, werden von Gott mit Kindern beschenkt, die lange Zeit nichts anderes machen, als uns zu lieben. Sie vertrauen uns, die wir es gar nicht verdient haben. Das ist Gottes Wille und Gottes Antwort vom Anbeginn der Zeit. Der zarte Anfang. Das Kleine, das liebt. Die Liebe für das Kleine. Reicht diese Antwort den Geängstigten, für die der Krieg reale Bedrohung ist? Im kausalen politischen Denken reicht das geflüsterte Glaubensbekenntnis des Jesaja nicht aus. Aber es geht um die „größere Hoffnung“, wie Marie Luise Kaschnitz sie genannt hat. Nur aus solchem Hoffen und Lieben keimt Frieden. Vielleicht nicht jetzt, vielleicht später. Einst. Aber es wird, es bleibt nicht aus. Immanuel – Gott ist mit uns. Nicht mit Gewalt und Macht, sondern in Ohnmacht. Deshalb das Bild der Schwangerschaft, die Rede von der Geburt, das Antlitz eines neugeborenen Kindes. In dieser Ohnmacht, aus dem Schoß einer Frau, führt der Weg in den Frieden.
Heiligabend
Und der Herr redete abermals zu Ahas und sprach: „Fordere dir ein Zeichen vom Herrn ...“ Aber Ahas sprach: „Ich will’s nicht fordern, damit ich den Herrn nicht versuche.“ Da sprach Jesaja: „... Ist’s euch zu wenig, dass ihr Menschen müde macht? Müsst ihr auch meinen Gott müde machen? Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel.“