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So machte es Babylon mit allen besiegten Völkern. Es sammelte Arbeitssklaven für das Kernland und hielt die Regionen an den Rändern des Imperiums in Schuldknechtschaft. Krieg und Kolonialregime lieferten die nötigen Gefangenen und die nötigen Finanzen.
Viele Jahre später, als auch diese Diktatur untergegangen war, erzählten die Leute, wie Gott dem Größenwahn Babels ein Ende setzte. Sie sagten es so: In Babel gab es eine Sprache. Mit dieser Sprache konnten sie sich einen Namen machen und alle ihre Wünsche durchsetzen. Aber Gott sah, dass es so zu immer mehr Willkür kommen würde, und fuhr selbst dazwischen, um die Sprache zu verwirren. Und Gott zerstreute die Völker über die ganze Erde.
Gott sei Dank, schlussfolgerten ausgelassen die, die geschuftet hatten, Gott hat uns gerettet! Bis heute kann ich in dieser Geschichte die Begeisterung hören, dass Gott sie befreite, dass Gott sie zurück in ihre Vaterländer und in ihre Muttersprachen führte. Gott machte der Einheitssprache ein Ende. Das Sprachgewirr der Völker ist ein Bild für Freiheit. Die Zerstreuung über die ganze Erde ist kein Fluch, sondern eine Rettungstat.
Zum Glück engagieren sich Völker für ihre Sprachen
Weltherrschaft, Macht, Geld, Krieg – Babylons Attribute haben mit Herrschaftssprache zu tun, mit Definitionsgewalt. Sie bestimmt, was stimmt. Sie macht Ungerechtigkeit unsichtbar und Gedanken gleich und zäunt Träume ein. Die Sprache der Freiheit hingegen handelt von Differenz, von Unterschieden, Heimaten, Vätern und Müttern.
Als Ostdeutsche kenne ich mich mit Herrschaftssprachen gut aus. 1989/90 habe ich den Wechsel von einer Herrschaftssprache zur anderen erlebt. Heute staune ich über Verdrehungen, die in den täglichen Sprachgebrauch Eingang gefunden haben. Man spricht von Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen. Doch wer arbeitet, gibt die eigene Arbeitskraft – nicht einfach so, sondern verkauft sie. Und wer davon profitiert, nimmt Arbeitskraft. Oft bezahlt er schlecht. Manchmal wird Arbeitskraft sogar geraubt.
Zum Glück engagieren sich Völker für ihre Sprachen und für ihre Freiheit. Menschen unterstützen ihre lokale Wirtschaft, wenn sie Lebensmittel aus ihrer Region kaufen. Kommunen haben begriffen, dass bezahlbarer Wohnraum vor Ort entstehen muss und nicht allein Hegdefonds und Anlegergemeinschaften den Wohnungsmarkt beherrschen dürfen. Die Verschiedenheit ist eine große Kraft, die sich der Monotonie der Planwirtschaft genauso wie der
Monotonie der Konzerne und Ketten entgegenstellt. Ich höre aus dieser wunderbaren Bibelgeschichte die Kraft der Differenz, die aller Totalität die Stirn bietet.
Und der Geist Gottes befreit zur Vielfalt. Über ihn jubeln diejenigen, deren Unterdrückung beseitigt und deren Exil beendet ist. Es ist der Geist Gottes, der Babels Herrschaft zerstörte, und der auch unser eigenes Herrschaftsstreben entblößen und zuletzt preisgeben wird. Gott ist ein Gott der Freiheit.
Es hatte alle Welt einerlei Zunge und Sprache. ... Und sie sprachen untereinander: Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, dass wir uns einen Namen machen; denn wir werden sonst zerstreut über die ganze Erde. ... Und der Herr sprach: Wohlauf, lasst uns herniederfahren und dort ihre Sprache mverwirren, dass keiner des anderen Sprache verstehe...