Manches ist so endgültig. Nichts mehr zu machen. Anderes wird und wird nicht fertig, bleibt unerledigt. Man schleppt es weiter. Konflikte schwelen, herzliche Worte hat man nicht über die Lippen gebracht oder schlichtweg überhört, zerbrochene Beziehungen sind nicht aufgearbeitet. So viele Gelegenheiten gibt es, sich und anderen etwas Gutes zu tun, und doch geschieht nichts ...
Man geht weg und auseinander mit einem hingefetzten "Tschüs" oder putzigen "Tschüschen", mit formaler Höflichkeit, einem lässigen "Ciao" oder stumm-zähneknirschend. Am Ende von Festen wird noch einmal ordentlich herumgelärmt, nach der Sperrstunde scheppern in Kneipen die Türen, an Silvester knallt, kracht und zischt es. Abschiedsrituale sind vielfältig, aber nicht immer wirklich sinnig.
"Behüt dich Gott", sagt meine Schwägerin immer, wenn ich mich von ihr verabschiede. Ich mag das, mag den Klang ihrer Stimme, in der neben aller persönlichen Herzlichkeit das Wissen um Gefährdung und ihr Vertrauen auf göttlichen Schutz mitschwingen. Mit einem solchen Segenswort geht es sich leichter, lässt sich vergnügter einer freudigen und getroster einer ungewissen Wirklichkeit ins Auge sehen. Für das Ende einer Begegnung, eines Tages, einer Woche, eines Monats oder Jahres kann ich mir keinen besseren Abschluss vorstellen als einen Wunsch, der ganz gelassen, mit einer kleinen Kopfbewegung oder behutsamen Geste nach oben verweist. Segen, ob ausführlich ausgesprochen, kurz oder im Stillen formuliert, hilft, Abschied zu nehmen und ein Neues zu beginnen.
3000 Jahre ist der aaronitische Segen alt, von Generation zu Generation weitergegeben. Der muss schon hartgesotten sein, der einem leuchtenden, strahlenden Angesicht widersteht.