FAZ-Herausgeber Carsten Knop
Mal einfach Danke sagen
Das Lied "Danke" begleitet FAZ-Herausgeber Carsten Knop als Wegweiser durch das Leben. Hier schreibt er, was er damit verbindet und warum er die einfache Botschaft des Liedes so herrlich findet
AHAOK
Helmut Fricke
30.06.2024
3Min

Als ich "Danke" zum ersten Mal hörte, im Kindergottesdienst in meiner Heimat­gemeinde in Dortmund-Kirchhörde, war das Lied schon etwas mehr als zehn Jahre alt. Der Moment liegt also gut 45 Jahre zurück, und doch kann ich mich daran er­innern. Die Familie ging damals regelmäßig in die Kirche, die Lieder, die man dabei zu hören bekam, waren in der Regel nicht sehr spannend, der Gottesdienst selbst eine Probe des kindlichen Durchhaltevermögens, von Konzentration wollen wir gar nicht erst reden. Und dann der Kindergottesdienst, in dem ich beim Malen meine noch immer schönsten Rechtschreibfehler gemacht habe, Wien statt Wein und solche Sachen: "Ah, Wein aus Wien ist natürlich spitze", sagte der Teamer, der damals gewiss so noch nicht hieß, vermutlich hieß er KiGo-Helfer oder so.

Helmut Fricke

Carsten Knop

Carsten Knop war für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) Wirtschaftskorrespondent und Chefredakteur Digitales. Heute ist er einer der Heraus­geber der FAZ.

Aber dann wurde gesungen: "Danke für diesen ­guten Morgen" (EG 334). Und ich konnte sofort mitsingen, verstand den Text, die Melodie vergaß man nicht. Diese Erfahrung hatte ich in der Kirche vor der Sakristei noch nicht gemacht. Alles, was dort, in dem kleinen Raum, in dem der Kindergottesdienst stattfand, nun aber plötzlich gesungen wurde, klang so sinnvoll. Es war die Erklärung dafür, warum man hier war, im Kindergottesdienst und den anderen Jugendgruppen, warum der Vater Mitglied im Presbyterium war und es auf sich nahm, sich so oft mit den beiden Pfarrern zu streiten, die untereinander keine Brüder in Christo waren, wenn man es so nennen will.

Im Unterbewusstsein wurde das Lied danach zum Wegweiser durch das Leben. Zu einem einfachen oder gar schlichten Wegweiser, gewiss, aber in einem kom­plizierten Leben braucht man in den wahren Krisen­situationen nichts Aufwendiges: Hand aufs Herz, auch ein Vaterunser oder ein Glaubensbekenntnis spontan im Kopf zu haben, schadet nicht.

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Später hat der eine oder andere bei einer allzu positiven Erwähnung des Liedes auch einmal gelacht. Warum, das versteht man erst, wenn man beginnt, sich mit der Rezeptionsgeschichte zu befassen, was zum Glück Kinder noch nicht sorgen muss. Belächeln kann man eines der ältesten und bekanntesten Beispiele der Gattung "Neues Geistliches Lied", wenn man mag, parodieren kann man es, den Text sezieren, die Musik kritisieren, sich fragen, warum hier Sorgen geworfen werden und für eine Arbeitsstelle gedankt wird.

Das Gute im Alltag ist nicht selbstverständlich

Man kann aber auch einfach darüber schmunzeln und sich danach darüber freuen, dass es das Lied nach seiner Veröffentlichung tatsächlich geschafft hatte, sich eineinhalb Monate in den deutschen Singlecharts zu platzieren. Dass es Werner Last, der Bruder von Hans "James" Last arrangiert hat. Oder auch darüber, dass, natürlich in Dortmund, auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 1963, also noch im Erscheinungsjahr, vom damaligen Popstar Ralf Bendix "Danke" vor 16.000 Zuhörern gesungen worden ist.

Sechs Strophen, die gefühlt zu schnell zu Ende gehen, wenn man bereit dazu ist, sich darauf einzulassen, dass das Leben auch einmal einfach sein kann: In jeder Strophe jeweils drei Dankessprüche zu singen, die den Blick darauf lenken, dass das Gute im Alltag nicht selbstverständlich ist.

Der Gedanke ist trivial, aber hilfreich. Eine Sünde gegen die Musik? Gegen die Predigt, die selbst in der evangelischen Kirche oft genug nicht mehr das ist, was sie sein könnte? Die Apokalypse abendländischer ­Kirchenmusik? Eher nicht. "Danke für jedes kleine Glück. Danke für ­alles Frohe, Helle und für die Musik." Auch und gerade für ­diese: "Danke, ach Herr, ich will dir danken, dass ich ­danken kann." Zum Glück auch immer wieder einmal im Gottesdienst, bis heute, nun in meiner Gemeinde in Sulzbach am Taunus, aber auch auf Hochzeiten oder Taufen, auf einer Beerdigung habe ich es auch schon gehört. ­Warum auch nicht? Wir sind noch da, um dem Herrn "Danke" zu sagen. Tun wir es also.

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Welch wundervoller Artikel!
Ich empfinde ebenso wie Carsten Knop; er spricht mir aus dem Herzen!
Danke für die treffende Formulierung, und danke für die Veröffentlichung dieses Beitrags!

Cornelia Peter

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Sehr geehrte Damen und Herren,
Beim Lesen des Artikels von Carsten Knop, für den ich ihm herzlich danke, wurden bei mir
viele Erinnerungen lebendig.
Ich war 1963 einer von mehreren Hundert Bläsern auf dem Kirchentag in Dortmund. Der
Landesposaunenwart Richard Lörcher und sein Team verstanden es, uns im Takt zu halten.
Jede Stimme hatte ihren eigenen Dirigenten, und diese schauten auf Lörcher, der von einem
höheren Podest aus dirigierte. Nie werde ich unser gewaltiges „Großer Gott, wir loben dich“
in der Westfalenhalle vergessen.
Die Ansprache des Präsidenten von Thadden-Trieglaff, die Bibelarbeit von Heinz Zahrnt und
Ralf Bendix mit dem neuen Lied „Danke für diesen guten Morgen“ tauchen wieder auf.
Wie schrieb Carsten Knop? “Mal einfach Danke sagen“. Das tue ich hiermit!