Freudestrahlend kam unser Sohn von einer Geburtstagsfeier zurück. Wie üblich hatten alle Gäste eine Geschenktüte bekommen, er schüttete seine juchzend am Küchentisch aus. Sein Strahlen wurde noch breiter, als er stolz eine Kartonverpackung mit runder Schrift hochhielt: „Guck mal, Mama! Is das nicht cool? Kaugummizigaretten!”, sagte er, und steckte sich einen Glimmstängel in den Mund. „Magst du auch eine?” Überrascht schüttelte ich den Kopf. Als ich den Markennamen sah, wurde mein Erstaunen noch größer: In runder Schrift stand auf der Zigarettenverpackung „Round Up”.

###autor###Dieser Name löst bei mir Gänsehaut aus. So heißt ein sehr umstrittetenes Unkrautvernichtungsmittel des Konzerns Monsanto. Es enthält den Wirkstoff Glyphosat, den die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) im März 2015 als „wahrscheinlich“ krebserregend eingestuft hat.

In Europa hat das zahlreiche Diskussionen über ein Verbot von Roundup ausgelöst, mehrere Gartencenter nahmen das Mittel aus dem Sortiment. In den USA und Kanada aber sieht man dies viel gelassener. Auch in unserem Pfarrhaus steht eine Flasche dieses (Alp-)Traumzaubermittels jedes Hobbygärtners, von den Vormietern hinterlassen.

Mich versetzte dieses sicher nett gemeinte Mitbringsel in Unbehagen und Erstaunen. In den USA wird in der Kindererziehung auf vieles so peinlich streng geachtet. In Kindergärten und Schulen etwa pochen die Eltern auf Geschlechtergerechtigkeit. Und Barbiehersteller Mattel fühlt sich veranlasst, die Puppe nun auch mit kleinem Bauch oder dunkler Haut zu produzieren, damit Mädchen von Anfang an lernen, dass es nicht nur ein Schönheitsideal gibt. Das passiert in der Öffentlichkeit. Doch im Privaten scheinen ganz andere Maßstäbe zu gelten. Dann feiern Kinderpistolen, Ballerspiele und eben Kinderzigaretten mit dem Namen von Pflanzengift ihren Siegeszug. Erziehung im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.