Dirk von Nayhauß
"An manchen Tagen bist du beschützt. Du fühlst: Dir gelingt alles"
Der Moderator Reinhold Beckmann spricht über die Liebe zur Musik, seine gottesfürchtige Mutter und warum er sich wünscht, dass der Tod ein Abenteuer ist.
Dirk von Nayhauß
Dirk von Nayhauß
28.05.2014

In welchen Momenten fühlen Sie sich lebendig?
Vor allem, wenn ich Musik mache. Das hat eine Unmittelbarkeit, die alles übertrifft. Wenn ich weiß, wir spielen am Wochenende, dann habe ich schon montags dieses altvertraute Kindergefühl im Bauch. Stehe ich dann auf der Bühne und merke nach zwei, drei Songs, es läuft – das ist einfach toll! Und manchmal gibt es Abende, da blüht ein Song auf. Die Art und Weise, wie wir zusammenspielen, macht aus diesem Song in diesem Moment einen ganz besonderen. Ich will nicht sagen: einen heiligen Moment, aber es entsteht eine besondere Atmosphäre. Das ist so ähnlich wie früher beim Fußballspielen. Da wusstest du: Heute ist ein bedeutsamer Tag, heute lässt du keinen Ball durch und fischst jeden raus. Und es ist dir gelungen. Ist das nicht komisch? An manchen Tagen bist du beschützt. Du fühlst: Die können machen, was sie wollen, dir gelingt alles.

Haben Sie eine Vorstellung von Gott?
Ich bin geprägt durch eine gottesfürchtige Mutter, die – je älter sie wird, jetzt ist sie 93 – noch gottesfürchtiger wird. Ich be­wundere, wie diese Liebe zum Herrgott ihr Leben stützt. Sie hat im Krieg alle vier Brüder verloren, den letzten mit 17. Diese Verluste haben bei uns immer eine Rolle gespielt und tauchten häufig in den Erzählungen zu Hause auf. Wenn es schwierig wird, geht meine Mutter in die Kirche und zündet eine Kerze an. Ich mag Kirchen, diese Stille und Ruhe. Für meine Mutter ist Gott fast schon etwas Personifiziertes, das empfinde ich nicht so. Ich habe irgendwie eine Vorstellung, dass etwas großes Ganzes wirkt, das alles zusammenhält. Es gibt ein paar Dinge, die für mich unerklärlich bleiben und denen ich gegenüberstehe und denke: Mein Gott, genial!

Hat das Leben einen Sinn?
Ja, vor allem mit Musik, da ist etwas Göttliches drin. Wenn man sich darauf einlässt, was in der vierten Symphonie von Brahms passiert oder auf „Pet Sounds“ von den Beach Boys – da spüre ich einen tieferen Sinn. Musik berührt mich nicht nur, macht mich nicht nur zufrieden, sondern glücklich. Wenn ich merke, dass etwas musikalisch aufgeht, dass beim Hören etwas in uns passiert – dann denke ich schon mal: Vielleicht sind hier Engel unterwegs und haben mitkomponiert.

Muss man den Tod fürchten?
Ich habe die große Hoffnung, dass der Tod auf seine Art ein ­weiteres Abenteuer ist. Ich bin mir da nicht so sicher, aber ich würde es mir wünschen. Lasst es bitte irgendwie ein schönes, gutes Ende nehmen, ein letztes, sanftes Abenteuer sein! Als Messdiener musste ich viele Beerdigungen begleiten und habe so viel Weihrauch gerochen! Es war als Neun- oder Zehnjähriger nicht ohne, die Toten in der Scheune offen aufgebahrt zu sehen. Das hat mich am Anfang nicht losgelassen, das habe ich bis in meine Kinderträume mitgenommen.

Welche Liebe macht Sie glücklich?
Man sagt ja immer, die bedingungslose Liebe, aber ich kann das  nicht so ganz glauben. Wenn wir das hinkriegen würden, das wäre gut – aber wir sollten hier bescheidener sein. Wir brauchen dann doch die Rückmeldung, ein Gegenüber, in dem wir uns ­wiederfinden können. Spielen wir im Konzert „Sei mein Lächeln“, hat das immer etwas sehr Intensives. „Sei mein Lächeln, wenn es ernst wird / Sei mein allerletztes Wort / Sei mein Schweigen / Sei mein Lied / Sei mein Segel und mein Lot“ – das strahlt so etwas Festes, Grundsätzliches aus. Das ist mehr als einfach nur ein kurzes Liebesgefühl.

Welchen Traum möchten Sie sich noch unbedingt erfüllen?
Es ist ja schon ein kleiner Traum, dass ich ab Oktober mehr Zeit für mich habe. Ich gehe runter vom Gaspedal. Und nächstes Jahr mache ich im Fernsehen etwas Neues. Und sonst? Ich ­wünsche mir, dass ich weiter nah am Leben meiner Kinder bleibe. Erst wenn die Kinder aus dem Haus sind, merkt man so richtig, ­welchen Platz sie eingenommen haben. Das vermisse ich schon mal, und sogar die leidigen Fragen: Wer kümmert sich um die Hausaufgaben? Wer deckt den Tisch ab? Wer geht mit den Hunden? Alles, was zum täglichen Leben dazugehört, von ­morgens bis abends. Jetzt ist gerade mein Sohn zu Besuch. Herrlich, es ist wie immer! Wenn das Haus voll ist, genieße ich das. Wenn das Haus leer ist, wird man schon mal nachdenklich.

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Bedingungslose Liebe als Erhofftes muß am Menschen, an einem diese ja selbst ersehnenden Gegenüber, schlicht verunglücken. Ihr zugeordnet ist das innigste Nein zu allem ihr Konträren, mithin zur - Sünde. Im Sog der Gottesferne stirbt sich noch die tapferste Liebe in jenen, am Ende ewigen Gotteszorn. Und in Christi Liebe (Röm 5,8) gottlob noch die kümmerlichste zu gänzlich neu erstandenem - Leben. Jetzt und in Ewigkeit.

In jenen Unterrichtsvollzugsanstalten, die wir irreführend Schulen nennen, haben wir alle früh und nachhaltig lernen dürfen, sollen, müssen, dass man dagegen einschreiten muss, wenns in der Schule zu lebendig wird.
Das stellt dann die Weichen dafür, dass es für uns oft ein Leben lang im Leben zu schulig wird.
Vieles wurde ins UNBEWUSSTE verdrängt durch BEWUSSTE Anstrengungen, und von daher taucht es dann später wieder auf.
Hätten wir nicht dem UNBEWUSSTEN der Kinder mehr Aufmerksamkeit schenken und mehr Raum fürs Leben geben sollen?
Ich grüße freundlich.
Franz Josef Neffe