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Prügeleien im Parlament, gescheiterte Neuwahlen. Auslandspfarrer Lars Pferdehirt über Venezuela nach dem Tod von Hugo Chavez
Foto: Privat
23.05.2013

„Soviel Du brauchst...“ Das diesjährige Kirchentags-Motto berührt uns in Venezu­ela auf verschiedenen Ebenen. Es gibt so vieles, was dieses Land jetzt bräuchte!
Die nach dem Tod von Staatsführer ­Hugo Chavez notwendigen Neuwahlen im April haben im Grunde eine Pattsituation geschaffen. Chavez’ Partei blieb mit dessen Wunschnachfolger Maduro und offiziell 200 000 Stimmen Vorsprung an der Macht. Die Opposition – und nicht nur sie – sah Fälschung am Werk. Sie leitete ein Verfahren zur Wahlüberprüfung ein, das sich jetzt wohl über drei Monate hinziehen wird. Die Regierungstreuen bezichtigen ihre Kritiker der geistigen Brandstiftung. Bei Demonstrationen starben mehrere Menschen. Im Parlament prügelten sich Politiker.

Wir stehen vor leeren Regalen

Was wir brauchen ist eine Verständigung darüber, dass der politische Gegner kein Feind ist und er ebenso wie man selbst das demokratische Recht zur  Willensbildung hat. Und: die Erkenntnis, dass bei diesen (nicht vorhandenen) Mehrheitsverhält­nissen Annäherung und Dialog geradezu geboten sind. Wenn nicht sogar eine Zusammenarbeit. Schließlich spitzt sich zurzeit auch noch die Wirtschaftskrise zu. Wir stehen vor leeren Regalen, haben Geld in der Tasche, dessen Kaufkraft dieses Jahr über 40 Prozent verloren hat. Die Wirtschaft stöhnt über Lieferungsstau und Devisenknappheit. Korruption und Schwarzmarkt blühen.

Endlich Raum für Realpolitik?

Immerhin: Die Bedeutung von Hugo Chavez war bei den Wahlen nicht so dominant, wie ich es erwartet hätte. Nach seinem Tod Anfang März war Venezuela in einem emotionalen Ausnahmezustand, der „Comandante“ wurde wie ein Heiliger verehrt und betrauert. Kaum jemand bemühte sich um Objektivität und einen nüchternen Blick. Ich habe den Eindruck, dass in dem jetzigen Durcheinander wenigstens eine Chance liegt: Nun, wo keine charismatische Figur mehr alle Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist Raum vorhanden für Realpolitik. Und vielleicht für etwas Sachlichkeit. Auch das brauchen wir hier.

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Der Konjunktiv II von "brauchen" heißt brauchte, "bräuchte" gibt es allenfalls in Süddeutschland und im Dialekt.
Der Konjunktiv II von "glauben" heißt ja auch nicht *gläubte*.
Ich verkneife mir jeden bissigen Kommentar ...