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Wir sehen acht Unterarme und Hände. Sie scheinen durch eine rote Ziegelwand hindurchzugreifen. Farblich fügt sich ihre rötlich-metallene Oberfläche fein zum Hintergrund. Die Finger nun führen einen geheimnisvollen Tanz auf. Jeder Hand zeigt eine andere Geste, Pose – vornehm irgendwie, vielleicht etwas maniriert, auf jeden Fall nicht alltäglich. Ob sie Signale senden wollen, eine Gebärdensprache sprechen? Das kann eigentlich nicht sein, denn die übliche Gebärdensprache funktioniert nur im Zusammenspiel von Handbewegung und Mimik. Oder sind es alte, vielleicht höfische Handhaltungen, die einen Rang anzeigen, ein aristokratisches Spiel vorführen, das wir nicht mehr verstehen. Oder gehören sie Menschen, die hinter dieser Mauer gefangen sind?
Lange haben wir vor dieser Skulptur von Terence Koh gestanden. Sie befindet sich an der Außenwand des Ausstellungshauses des Woods Art Institute. Dies ist ein wunderbarer Kunstort/Naturort. Man muss nur mit der S-Bahn von Hamburg nach Reinbek fahren, dann 15 Minuten eine kleinen Berg nach Wentorf hinaufgehen, schon öffnet sich einem eine andere Welt: ein weitläufiger Landschaftsgarten mit uralten Bäumen und historischen Gebäuden sowie einer modernen Ausstellungshalle, in der die Sammlung Reinking zu sehen ist. Vor wenigen Jahren (Corona-bereinigt: gerade erst kürzlich) wurde sie eröffnet – für Besuchs- und Studiengruppen sowie artists in residence.
Was diese Skulptur von Koh nun genau sagen will, haben wir nicht herausbekommen. Am besten hat mir diese Deutung gefallen: Jede dieser Handgesten gehört zu einem der Jünger aus Leonardo da Vincis „Abendmahl“. Das kann zwar nicht stimmen, ist aber egal, weil mir diese Deutung nicht mehr aus dem Kopf geht. Und wer will, kann unter der vierten Hand von rechts ein zartes Kreuz aus Ton und Rost angedeutet sehen. Ob der Künstler das gewollt hat?
P.S.: „Das Ende der Neutralität“ – darüber, wie man von Finnland aus auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine schaut, spreche ich in meinem Podcast mit der Lyrikerin Dorothea Grünzweig.