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Museen und Kirchen unterscheiden sich von Fußballstadien dadurch, dass man wieder hineindarf. Die Corona-Maßnahmen wurden gelockert, Gott sei Dank. Aber ein Gefühl des Gelockertseins mag sich nicht recht einstellen.
Gestern war ich endlich wieder in meinem liebsten Heimatmuseum, der Hamburger Kunsthalle. Über zwei Bilder wollte ich etwas schreiben, sie mir deshalb aus der analogen Nähe betrachten. Aber ich wollte einfach auch wieder hineingehen und schauen, ob all meine Lieblinge noch da sind. Caspar David Friedrich und Philipp Otto Runge zum Beispiel. Natürlich waren sie noch da, aber sonst kaum jemand. Die Gänge und Säle – leer. Kein Problem, den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand einzuhalten. Ich fragte mich: Gehen nur Touristen ins Museum? Hatten die Hamburger diesen Moment nicht lange herbeigesehnt? Von ferne sah ich einen anderen Mann. Er hatte es sich bequem gemacht, die Schuhe ausgezogen, er trug sie in der Hand und schlenderte nur auf Strümpfen von Bild zu Bild. Kein Wärter rügte ihn.
Da traf ich endlich doch ein Bekannte. Wir freuten uns, wobei wir natürlich den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand einhielten, und teilten diese Mischempfindung erleichterter Beklommenheit miteinander. Ich erzählte ihr, dass ich am Sonntag im Gottesdienst gewesen wäre und es mir ähnlich ergangen sei: die Freude, dass ich wieder hineinkonnte, die Unsicherheit, wie ich mich verhalten sollte, die Dankbarkeit, dass alles sorgfältig vorbereitet war, die Enttäuschung, weil mir Wesentliches fehlte (das Singen, der Händedruck und das kurze Gespräch beim Hinausgehen). So wird es uns wohl noch lange gehen. Auch nach weiteren Lockerungen wird etwas Gedrücktes, Beengtes bleiben.
Wo sind Ihr, Ihr Musen? Ach komm, Heiliger Geist!