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Da ich selbst einmal in einer Nikolai-Kirche gearbeitet habe, versuche ich, wo immer ich hinkomme, ihre Namenscousinen zu besuchen. Dass St. Nikolai in Spandau besonders sehenswert ist, hatte ich schon oft gehört. Nun hat die Wanderausstellung „Bei deinem Namen genannt: Maria+Nikolaus“, mit der wir vom Kulturbüro der EKD in diesem Jahr durch Deutschland ziehen, mich endlich zu ihr geführt. Und ich habe hier meinen Lieblingspatron so gesehen, wie ich es noch nie getan habe – nämlich nackt.
Seltsamerweise besaß die Spandauer Nikolai-Kirche viele Jahrhunderte lang kein Bildnis ihres Namensgebers. Gleich nach der Reformation in Brandenburg hat wahrscheinlich irgendein Bilderstürmer eine silberne Nikolaus-Figur zerstört oder mitgehen lassen. Erst Anfang dieses Jahrhunderts machte sich die Gemeinde daran, diesen Mangel zu beheben. Der Bildhauer Bernd Gisevius schuf eine Holzskulptur, die links vom Altar an einer Säule über dem Taufbecken angebracht wurde. Sie erzählt die Legende, wie Bischof Nikolaus von Myra einmal die Besatzung eines in Seenot geratenen Schiffs gerettet hat. Praktischerweise tat er dies nicht in Ornat und mit Mitra auf dem Kopf, sondern unbekleidet. Auch den Stab hat er weggelegt, um mit beiden Händen zuzupacken. Doch wenn man plötzlich davor steht, stockt man kurz. Ein ungewohnter Anblick. Ob er die Andacht der Gemeinde stört? Ich finde eher, dass er etwas Wesentliches enthüllt: Amt und Würden mögen ihren Sinn haben, entscheidend ist, dass man als ganzer Mensch, mit Kopf, Herz und Körper für seine Nächsten da ist, wenn es nötig ist.