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Bisher hatte ich immer gedacht, dass Luther genug mit anderen Dingen zu tun hatte, als dass er selbst die Erinnerung an seine Reformation festlich begangen hätte. Doch nun hat mich ein Historiker auf einen Brief hingewiesen, in dem Luther kurz davon erzählt, dass er zumindest ein einziges Mal den Reformationstag gefeiert hat.
Es war am 1. November 1527, zehn Jahre nach der Veröffentlichung seiner „95 Thesen“, da saß er mit einem namentlich nicht genannten Freund abends zusammen und erinnerte sich daran, wie alles begann. In einem Brief hielt er dies fest: „Wittenberg am Tag Allerheiligen, im 10. Jahr des Abtuns des Ablasses. Im Gedenken daran trinken wir beide getröstet in dieser Stunde.“
Trost statt Kulturprogramm
Man sieht es vor sich: Der nicht mehr ganz so junge Luther sitzt an seinem Esstisch, hält aber keine lange Tischrede in großer Runde, sondern unterhält sich einfach mit einem guten Freund, beide denken zurück, wie es damals war, als der fatale Ablass sein Ende fand, dazu hatten sie wahrscheinlich jeweils einen Bierhumpen in der Hand, prosteten sich zu und fühlen sich getröstet.
Es fällt auf, was bei diesem allerersten Reformationsfest fehlt: Es gibt keinen besonderen Gottesdienst, keinen Staatsakt, keine Berichterstattung in den Medien, kein reiches Kulturprogramm, keine moderne Ereignismaschinerie. Vielmehr geht es still und einfach, freundschaftlich und gemütlich zu. Es braucht nur einen Tisch, einen guten Freund und ein frisches Bier. Da wäre ich gern dabei gewesen – nicht nur wegen des Bieres, sondern vor allem wegen des Trostes.