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Er hat eine gewisse Tradition. Seit vielen Jahren berufen sich neu-rechte Ideologen auf Claus Schenk Graf von Stauffenberg, um so den Eindruck zu erwecken, der eigene Radikalnationalismus habe mit der NS-Diktatur nichts zu tun. Vor wenigen Jahren begannen US-amerikanische Trumpisten damit, Dietrich Bonhoeffer für sich zu reklamieren. Und nun erfahre ich, dass der neu-rechte Ideologe Götz Kubitschek in dieser Woche einen Jochen Klepper-Abend veranstaltet hat. „Auch das noch!“, dachte ich. Das hat der preußische Sozialdemokrat und evangelische Dichter, der gemeinsam mit seiner jüdischen Ehefrau und deren Tochter in den Tod gehen musste, nicht verdient. Zum Glück geriet diese Digital-Veranstaltung so zäh, dass sie keine größeren Kreise ziehen dürfte.
Und doch, ich frage mich, ob wir nicht eine gewisse Mitschuld an solchen Vereinnahmungen tragen. Denn das normal-evangelische Gedenken an Stauffenberg, Bonhoeffer, Klepper oder auch Sophie Scholl war in der Vergangenheit nicht selten ebenfalls vereinnahmend: Die Erinnerung wurde geglättet, von Widersprüchen gereinigt und eigenen Interessen dienstbar gemacht.
Deshalb bin ich so dankbar für die neue Sophie Scholl-Biographie von Robert Zoske, die eine sensible, kluge, widersprüchliche, fromme, anstrengende, mutige junge Frau zeigt, die einen langen Weg zurücklegen musste, bis sie sich entschied: Ich schweige nicht! In meinem Podcast habe ich mit dem Autor darüber gesprochen, wie anspruchsvoll, aber auch notwendig es ist, uns an Menschen wie Sophie Scholl zu erinnern, ohne sie in Besitz zu nehmen.
P.S.: Die Journalistin Liane Bednarz und ich haben uns gerade an einer theologischen Auseinandersetzung mit Vertretern der Neuen Rechten versucht – in einer Broschüre der „Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus“. Hier kann man sie sich herunterladen.