- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
In Bamberg steht ein weltberühmter Dom. Gleich daneben befindet sich ein Diözesanmuseum, das die wunderbarsten - und für einen Protestanten wie mich erstaunlichsten katholischen - Schätze birgt. Nun haben die Kuratoren Alexander Ochs und Holger Kempkens Werke zeitgenössischer Kunst mitten in diese Wunderkammer hineingesetzt. „Der Funke Gottes“ heißt die Ausstellung, die bis zum 10. November zu sehen ist. Und es ist zum Staunen, wie hier die Funken zwischen dem Alten und dem Neuen, dem Sakralen und dem Modernen hin- und herfliegen.
Damit die ganze Stadt von dieser Ausstellung erfährt, hat der Berliner Künstler Via Lewandowsky eine Lichtinstallation zwischen die Türme des Doms gesetzt. Sie besteht aus vier leuchtenden Buchstaben, von denen einer allerdings beständig an- und ausgeht: „Good“ oder „God“, denn das zweite O hat einen künstlerischen Wackelkontakt. So leuchtet nun des Nachts eine Frage über die Stadt: Ist Gott nun gut oder etwa nicht?
Wir vom Kulturbüro der Evangelischen Kirche haben zu dieser Ausstellung einen Beitrag geleistet. Zwölf Lyrikerinnen und Lyriker haben wir gebeten, zu einem Kunstwerk eigener Wahl ein Gedicht zu schreiben. So sind eindrucksvolle Gedichte entstanden. Dieses hier hat Uwe Kolbe zu Lewandowskys Installation geschrieben.
Das Seufzen der Mütter
Im Himmel, an einer der Säulen
das Zählwerk, ewiger rastloser Dreh.
Neulinge fragen nach dem Zweck,
obwohl es gut zu hören ist,
das Seufzen der Mütter der Welt
in jeder der Menschensprachen:
Guter, grundgütiger Gott!
Hier werden gezählt die unzähligen
Seufzer der Mütter.
Zu seufzen, hilft über den Tag und
durch Nächte. Den sie ansprechen,
kann aber nicht auf, sein Antlitz,
das sie deutlich sehen, ist schön,
doch verschlossen, weist wenig.
Der Schöpfer schweigt und schaut
sein Werk, der Allbeweger
hört nicht auf das Seufzen,
die Mütter helfen sich selbst.