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Der großer US-amerikanische Dichter Mark Strand (1934-2914) hat in seinen letzten Lebensjahren, obwohl selbst ganz säkular, einen Zyklus über die sieben Worte Jesu am Kreuz geschrieben. Dieser kommt ohne all die bekannten Wörter der kirchlichen Tradition aus wie Kreuz, Leiden, Jesus, Gott. Die Verse sind einfach, aber sie lassen sich nicht direkt zuordnen. In ihnen lebt ein Staunen, eine Art Ehrfurcht. Sie verneigen sich vor den alten Worten, sind darin aber ganz frei. Dabei deuten und erklären sie nichts, vielmehr schweben sie und bringen ins Schweben. Gerade dadurch nehmen sie den Leser hinein in diese Geschichte. Dies ist eines dieser wundersamen sieben Gedichte:
„Es ist vollbracht“, sagte er. Man konnte hören, wie er es sagte,
die Worte fast ein Flüstern, dann nicht einmal mehr das,
sondern nur ein Echo so schwach, als käme es gar nicht mehr
von ihm, sondern von woanders her. Dies war sein Augenblick,
sein letzter Augenblick. „Es ist vollbracht“, sagte er in eine Weite,
die in eine noch größere Weite führte, und doch war alles von ihr
in ihm. Er umfing alles. Das war das Wunder,
beides, groß und klein zu sein in demselben Moment, so wie wir
zu sein, aber zugleich mehr, dann endlich den Geist aushauchen,
so geschah es. Und aus dem Sturm, der in seiner Spur
aufwirbelte, nahm eine förmliche Nacktheit Gestalt an, die Wahrheit
der Verkleidung und die Maske des Glaubens wurden für immer vereinigt.
P.S.: Wer am ganzen Zyklus interessiert ist, wende sich vertrauensvoll an: kultur@ekd.de
P.P.S.: Die Pietà, die oben im Bild zu sehen ist, steht in der Trinitatiskirche zu Neuruppin. Nicht nur im Fontane-Jahr ist sie einen Besuch wert.