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Die Welt ist so voller Informationen und Botschaften, dass nur das Außeralltägliche eine Chance hat, durch die verstopften Gehörgänge und die verklebten Augen der Menschheit hindurch zu dringen. Da sind zum einen die großen Katastrophen, die allen den Atem rauben. Da sind die heftigen Empörungen, die in wilden Debatten hin- und herwogen. Da sind aber auch die erstaunlichen Leistungen und überragenden Ereignisse, die alle aufschauen und aufhorchen lassen. Doch seltsam, mit meinem Leben und Arbeiten hat das alles gar nichts zu tun.
Manchmal fällt einem beim Blick über den Gartenzaun auf, was wirklich wichtig ist. Zum Beispiel in der Schule. Nach all den Beschränkungen haben sie wieder ihre Arbeit aufgenommen. Doch scheint bei ihnen alle Mühe darauf gerichtet zu sein, einen geregelten, verlässlichen Betrieb zu gewährleisten, also das, was man früher „normalen Alltag“ nannte. Also keine großartigen Weltreisen, spektakulären Sonderveranstalten, ungewöhnlichen Profilierungen. Das ist in Teilen bedauerlich, andererseits aber bemerkenswert genug. Einen guten, freundlichen, vertrauenswürdigen, lehrreichen Schulalltag zu gestalten, ist eine so großartige Leistung, die endlich die Anerkennung erfährt, die sie verdient.
Davon wünsche ich mir etwas auch für meine Kirche. Allen Einschränkungen, allem Niedergang zum Trotz weiterzumachen, da zu sein, das Eigene zu tun, menschenfreundlich und verbindlich, ohne das derzeit modische Singularitätsgehabe, ohne Resonanzkalkül – das ist eine große Leistung, die von vielen evangelischen Gemeinden und Einrichtungen erbracht wird – und die mehr wahrgenommen werden sollte.
Im aktuellen Heft der „Zeitzeichen“ las ich in einem sehr lesenswerten Artikel des Berliner Pfarrers Joachim Goertz diese schönen beiden Sätze: „So generieren Bischöfe und Gemeinden, vielleicht auch manchmal Synoden, Kirchentag oder Akademien Aufmerksamkeit. Doch das, was wirklich Bestand hat, verbirgt sich in der alltäglichen menschlichen Begegnung.“
Dazu passt eine Aussage von Horst Gorski, dem Vizepräsidenten der Evangelischen Kirche in Deutschland, die ich kürzlich auf der Website der EKD sah: „Die Grundaufgabe der Kirche ist für mich, ‚da zu sein‘. Das klingt einfach und ist doch anspruchsvoll. ‚Da sein‘ für die Menschen und für Gott.“
Manchmal kann man diesem „Da-Sein“ eine besondere Gestalt geben. Zurzeit fährt auf dem Frankfurter Main ein Boot auf und ab, das der aus Nigeria stammende Künstler Emeka Ogboh gestaltet hat. Es ist ein fahrender Klangraum, denn aus Lautsprechern schallt ein Lied, von deutschen und nigerianischen Chören gesungen. „This too shall past“ heißt es. Eine durchaus spektakuläre Kunstaktion der EKHN-Stiftung, vor allem aber ein Versuch, trotz allem einfach da zu sein.