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Da ab Montag wieder Kultureinrichtungen geschlossen sind, habe ich mir schnell noch eine Ausstellung angesehen – klein und fein, gleich in meiner Nähe. Es ist ja nicht die Zeit für weite Reise. Nicht weit von mir, in Fuhlsbüttel, befindet sich die St. Marien-Kirche, ein von zu vielen übersehenes Juwel der Nachkriegsarchitektur. Dort ist bis morgen eine Ausstellungen mit Bildern von Anita Suhr zu sehen. Diesen Namen haben Sie noch nie gehört? Dafür gibt es leider Gründe.
In der Weimarer Republik begann Anita Suhr (1900–1991) mit ihrer Kunst, als eine der jungen und später vergessenen Frauen der Klassischen Moderne. (Fast ihr ganzes Frühwerk ging im Krieg verloren). In der NS-Diktatur engagierte sie sich im Widerstand und wurde dafür brutal bestraft. Aus mehreren Gefängnis- und KZ-Aufenthalten kehrte sie als tief verletzte, fast gebrochene Frau zurück. Auf die erste Entwürdigung folgte nach Kriegsende eine zweite Entwürdigung mit mehreren Stationen im Kampf um Anerkennung ihrer Leiden und Wiedergutmachung. Künstlerische Arbeit war ihr kaum noch möglich: „Ich krieche nur über das Papier.“
Ein guter Freund von mir, der Rechtsanwalt Joachim Künkel, begann 1975, die dann schon alte Dame zu vertreten. Nun hat er dafür gesorgt, dass ihre späten Werke ausgestellt werden – etwas, das ihr zu Lebzeiten selbst unmöglich war. Es ist eine konzentrierte Schau in einem konzentrierenden Kirchraum mit zarten Aquarellen und hellen Gouachen. Manche Bilder wirken so zerbrechlich, wie die Künstlerin es gewesen sein muss. Andere leuchten und zeigen, was ihr möglich gewesen wäre, wenn ihr nicht solches Unrecht widerfahren wäre.