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Wie bringt man ein altes Kulturgut der nächsten Generation nahe? Indem man sie dazu bringt, es anderen nahezubringen – digital. Das ist die Idee des Projekts „createsoundscape“. Es gestaltet eine virtuelle Europakarte aus Glockenklängen. Das macht Freude und mehr noch, es eröffnet eine utopische Perspektive: Wie wäre es, wenn überall in Europa die Glocken den Frieden einläuteten?
Die Idee ist einfach gut, und sie begeistert überraschend viele Menschen. Jugendgruppen aus Kirchengemeinden, Feuerwehren, dem Naturschutzbund und anderen Organisationen werden eingeladen, die Glocken ihrer Nachbarschaft kennenzulernen, sie und ihre Geschichte zu erforschen, sie zu fotografieren und aufzunehmen (natürlich sind sie beim Gang auf den Glockenstuhl ordentlich versichert). Dann stellen sie ihre Ergebnisse bei „createsoundscape“ ein und werden Teil – nicht einer „landscape“, sondern einer „soundscape“.
Diese ist schon ziemlich gut bestückt. Von der katholischen Basilika St. Helena in Birkirkara, Malta, ganz im Süden bis zur evangelischen Kirche von Turaida, in Lettland, hoch im Nordosten und dann in vielen Teilen Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Dänemarks. Große und kleine, alte und junge Glocken aus Kirchen oder säkularen Gebäuden kann man anklicken und anhören. Eine erstaunliche Vielfalt wird hörbar: hartes Schlagen, schwaches Bimmeln, zartes Läuten, mächtiges Schwingen. Besonders schön ist es natürlich, die Orte und Kirchen anzusteuern, die einem vertraut sind. Da wird Heimweh geweckt und zugleich gestillt.
In diesen unruhigen Tagen, in denen die Kriegsangst nicht weiß, wohin mit sich, hat das auch eine seelsorgerliche Seite. All diese Glocken, die da so liebevoll vorgestellt werden, sind Friedenszeichen. Sie rufen heraus aus dem banalen Alltag, sie stellen den lärmenden Mächten der Gewalt einen anderen Klang entgegen, sie führen in die Besinnung und ins Gebet.
Wer wollte da nicht mitmachen? Es ist ganz einfach. Man muss nur hier klicken.
P.S.: In meinem letzten Podcast vor der Sommerpause spreche ich mit der Theologiestudentin Magdalena Bredendiek. Denn sie hat für Deutschland die große italienische Dichterin Alda Merini entdeckt. Über deren Leben in der Psychiatrie und ihre tiefreligiöse Lyrik unterhalten wir uns bei "Draußen mit Claussen".