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Die „Me-Too“-Debatte hat viele westliche Demokratien erreicht und erschüttert. Emanzipierte Frauen haben Männer weltweit in ihre Schranken verwiesen. Ausgehend von Hollywood auch in Frankreich, Deutschland, England und in den skandinavischen Ländern. Und jetzt erreicht die Bewegung auch das totalitäre China. Dadurch bekommt das Thema eine neue Qualität.
Der Abt eines buddhistischen Klosters soll sechs Nonnen sexuell belästigt haben. Der Mönch musste zurücktreten, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Ebenso ein prominenter Fernsehmoderator, der eine Praktikantin belästigt haben soll. Der Multi-Milliardär Richard Lu, Chef eines E-Commerce-Unternehmens, wurde wegen „sexuellen Fehlverhaltens“ festgenommen.
Feminismus in China
Die autoritäre chinesische Alt-Männerherrschaft und seine Pariarchenkultur hatte die Debatte über männliche sexuelle Übergriffe lange verhindert. Doch plötzlich haben auch Chinesinnen weniger Angst, auch öffentlich und vor Gericht gegen männlichen Größenwahn und Dummheit vorzugehen. Weibliche Erzählungen darüber haben manchmal sogar Konsequenzen in allen gesellschaftlichen Schichten des „Reiches des Mitte“.
Es trifft die gesamte Gesellschaft Chinas: Sogar Parteifunktionäre, prominente Journalisten, fromme Mönche, reiche Unternehmer, bekannte Professoren und Sportler.
Neu, überraschend und brisant dabei ist, dass hier eine öffentliche Debatte und sogar eine Bewegung entstehen, ohne von der kommunistischen Partei angestoßen worden zu sein. Der zurückgetretene Abt hatte eine Million Follower in den sozialen Medien. Als die Vorwürfe gegen ihn, die er bestreitet, öffentlich geworden waren, und er als Präsident der buddhistischen Vereinigung Chinas ohne Begründung zurückgetreten war, wurde um so heftiger im Netz über seine Gründe für den Rücktritt spekuliert und diskutiert.
Eine solche Debatte, nicht von der Partei gesteuert und kontrolliert, ist neu und kann den Herrschenden auch noch gefährlich werden. Denn vor allem Frauen werden jetzt in ganz China mehr Mut und weniger Angst vor der Obrigkeit bekommen. Aber nicht nur dort. Die Frauenbewegung in Südkorea agiert jetzt unter dem Motto: „Unser Leben ist nicht euer Porno“.
In Schleswig-Holstein hat soeben eine engagierte Sozialdemokratin mit türkischem Hintergrund den langjährigen männlichen erfolglosen Platzhirsch zum Rücktritt gezwungen. In den USA fordert eine 28-jährige farbige Demokratin das alte weiße Partei-Establishment heraus und in Kanada lehrt die engagierte Außenministerin Chrystia Freeland beim Aushandeln eines neuen Außenhandelsvertrags Donald Trump im Weißen Haus das Fürchten.
Die wahre Kraft kommt aus der Liebe und dem Mitgefühl
Doch den Gipfelpunkt der aktuellen Frauenrechtsdiskussion setzt der Dalai Lama. In seinem neuen Buch „Der neue Appell des Dalai Lama an die Welt – Seid Rebellen des Friedens“ schreibt er: „Junge Frauen, ich appelliere an euch, die Mütter der Revolution des Mitgefühls zu sein, die dieses Jahrhundert so dringend braucht…Es ist erwiesen, dass Frauen empathischer und sensibler sind als Männer und die Gefühle ihres Gegenübers besser wahrnehmen können…scheut euch nicht, tragende Rollen im politischen und wirtschaftlichen Leben eures Landes einzunehmen…
Helft mit bei der Erfüllung meines Traums: dass eine jede der mehr als zweihundert Nationen der Welt von einer Frau geführt wird! Es gäbe weniger Kriege, weniger Gewalt, weniger soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeit. Vor allem glaubt nicht, dass ihr, um in diese Leitungspositionen zu kommen und sie auszufüllen, die gleichen Mechanismen anwenden müsst wie die Männer.
Die wahre Kraft kommt aus der Liebe und dem Mitgefühl. Je zahlreicher ihr werdet,…desto weniger Gewalt wird es geben. Junge Frauen dieses Jahrhunderts, seid die Pionierinnen der größtmöglichen aller Revolutionen“.
Schon vor 20 Jahren hat der Dalai Lama gesagt, er könne sich eine Frau als seine Nachfolgerin vorstellen. Auch die katholische Kirche wird irgendwann eine Päpstin als Chefin haben. Nur noch Frauen an der Spitze? Es wäre ja schon ein Riesenfortschritt, wenn wir bald auf Fifty-Fifty kämen. Vor allem wäre es natürlicher und vernünftiger – überall.