Monika Höfler
Geduld ist das Mittel der Wahl, wenn man zu guten Ergebnissen kommen will. Wer geduldig wird, ist ein zufriedenerer Mensch
28.09.2014

„Himmeldonnerwetter!“ Elke hat es eilig. Und der Schlüssel schließt einfach nicht richtig. Zum Verrücktwerden. Sie hatte doch darum gebeten, dass das Schloss repariert wird! Bettina wirft zornig die Handtücher durch die Küche – ihr Mann verspätet sich wieder mal. Im Wartezimmer läuft Jens auf und ab. Ganz eindeutig wurden ihm andere Patienten vorgezogen. Holger trommelt auf der Bettdecke herum: Es ist nach Mitternacht, und die Nachbarn hören immer noch lautstark Helene Fischer. Reißt einem mal der Geduldsfaden, hat man oft viel zu lange etwas hingenommen. Dann wird es Zeit, gepflegt auszurasten und nicht länger zu ertragen, was einen kaputtmacht.

Aber Ungeduld ist viel weiter verbreitet. Kleine Kinder sind ungeduldig, wenn sie Geschenke auspacken möchten oder eine Belohnung sich nicht gleich einstellt. Wer als Erwachsener nicht warten kann, wird ärgerlich, manchmal sogar ausfallend. Und bringt sich selbst in Schwierigkeiten. Nicht nur weil cholerische Anfälle einen selten sympathisch machen. Wer ungeduldig ist, überlegt meist nicht, welche Folgen sein Handeln hat. Da bricht jemand die Ausbildung ab, um schnell Geld zu verdienen – und verspielt spätere Erfolgsaussichten. Ein anderer least ein teures Auto und weiß nicht, ob er das nötige Geld aufbringt.

Geduld haben fällt so schwer, weil man dazu neigt, sich und ­andere als unfähig anzusehen, wenn es nicht schneller vorangeht. Die elende Schraube ist nicht zu lösen! Der Hefeteig wird und wird nicht! Der Sohn des Nachbarn hat im Gegensatz zum eigenen schon die guten Noten für den Übertritt ins Gymnasium beisammen. Die Mitarbeiterin macht wieder den gleichen Fehler! Mit Ungeduld wird alles schlimmer. Geduld ist das Mittel der Wahl, um der Schraube Herr zu werden und den Teig in Ruhe gehen zu lassen. Die Mitarbeiterin muss man sachlich und freundlich kritisieren, damit sie nicht panisch wird, sondern sich neu konzentrieren kann. Der Sohn wird ohne Druck seinen Weg selbstbewusster gehen.

Manche Vorhaben brauchen halt Zeit

Wer geduldig ist, hat weniger Konflikte mit anderen und findet leichter Lösungen. Manch einer ist allerdings prinzipiell ungeduldig: „Ich will alles, und zwar sofort!“ Bei Bewerbungsgesprächen kann das als Tugend durchgehen – Ungeduld kann ja produktiv sein. Nichts wird auf die lange Bank geschoben: Man räumt den Keller gleich auf und nicht erst beim nächsten Umzug. Man schreibt den Kondolenzbrief an die Freundin nicht Wochen nach der Beerdigung. Man bucht den Urlaub frühzeitig, um Geld zu sparen und sich vorfreuen zu können. Oder pocht unruhig auf eine Untersuchung, weil man spürt: Da stimmt ­etwas nicht mit mir.

Ist der Geduldige wirklich entspannter? Von wegen... das kann auch ganz anders sein, sagt Susanne Breit-Keßler im Gespräch und berichtet von ihren eigenen Erfahrungen in ihrer Familie.


Geduld ist nötig, damit einem die schnelle und bequeme, aber wenig zukunftsträchtige und heilsame Lösung nicht den Blick verstellt. Kinder lernen, was „nachher“, „später“ oder „morgen“ bedeutet – und können allmählich damit umgehen, wenn Oma nicht mit einem Augenzwinkern herbeigezaubert werden kann oder die Schule leider immer noch nicht beginnt. Wer geduldig wird, ist ein zufriedenerer und glücklicher Mensch. Warum? Weil so jemand sorgsam Vor- und Nachteile bedenkt und dann mit Bedacht entscheidet. Weil er die Hoffnung hat, dass sich die Geduld lohnen wird: Manche Vorhaben brauchen halt Zeit, und jeder Schritt dahin ist ein kleiner, großer Erfolg. Lieber Gott, gib mir Geduld – und lass dir ruhig Zeit!
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Ungeduld ist ein Ablehnen dessen was ist - Geduld die Annahme von dem was ist. Ungeduldige Menschen wollen dringendst, das das was ist, vorbei sein möge, sie leben also nicht im Jetzt, sondern in der erwarteten Zukunft, welche ja nie eintritt. Wer geduldig ist, lebt, weil er/sie sich in der einzigen Zeit aufhält, in der Leben stattfindet: im Jetzt. === Ich war auch ungeduldig und brachte mir die Geduld bei. Weil ungeduldige Menschen sehr anstrengend sind und oft unerträglich. Und so schaffte ich es: Ich ENTSCHIED mich ein geduldiger Mensch zu sein. Und war es damit auch sofort. Als ich danach wieder in Ungeduld kam (jeder Veränderung stehen die gleichen Gegenkräfte entgegen, da eine Balance gestört ist - solange, bis der neue Zustand die neue Balance darstellt) fing ich danach sofort wieder an, geduldig zu sein OHNE mich für den Rückfall zu beschimpfen.