Ursula Ott, Chefredakteurin von chrismon
Ursula Ott, Chefredakteurin von chrismon
Foto: Katrin Binner
Das böse O-Wort
chrismon-Chefredakteurin Ursula Ott stellt das Alphabet der Wörter vor, die lieber abgekürzt werden
Tim Wegner
25.01.2016

Ich muss zugeben, die Zeile sprang mir ins Auge, weil mein eigener Name auch mit O anfängt. „Streit über das böse O-Wort belastet Merkels CDU“, stand in der „Welt“. Das böse O-Wort? Ich kenne nur das ­F-Wort, das huiuiui „böse F-Wort“. Aber was sollte eine abseitige Sexualpraktik auf dem CDU-­Parteitag suchen? Schlichte Erklärung: Es steht für Obergrenze, und der lustige Journalist wollte offenbar andeuten, die Flüchtlingsfrage könne die Partei ähnlich spalten, wie das F-Wort einst Hollywood aufmischte. „Dropping the f-bomb“, ­sagen die Amerikaner, wenn das Wort „fuck“ vorkommt. Aber jetzt mal ehrlich: Die Amis werfen anno 2016 leider ganz andere Bomben, fucking ­Hollywood hat sich an Vulgärsprache gewöhnt, und weder die F- noch die O-Bombe zündet sprachlich so richtig.

Was Liebe aushält

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Ich habe nach ähnlich blöden Bomben gesucht und – Überraschung: Es gibt sie mit fast allen Anfangsbuchstaben. In diesem Fall hilft Google wirklich. Börsianer spekulieren über das böse B-Wort – die Baisse. Internetfreaks über das C-Wort, die Community. Sportler über das D-Wort, Doping. Das mit dem F hatten wir schon. Das böse G-Wort steht je nach ethnischem Hintergrund mal für den Grexit, mal für den Genozid an den Armeniern. Und beim ­H-Wort wird’s ganz gefährlich: Die einen meinen damit H wie Hitler (wirklich böse). Die anderen meinen damit H wie Hipster. Hat mit Hitler fünf Lettern gemeinsam, ist aber doch irgendwie was anderes. Missverständnisse sind vorprogrammiert.

Ich erspare Ihnen das weitere Alphabet, nur so viel: Auch das böse Z-Wort hat mit der aktuellen Flüchtlingsfrage zu tun. Die österreichi­sche Bundesregierung vermeide das Z-Wort, schreibt die „taz“, Z wie Zaun. Da „Flüchtling“ das Wort des Jahres 2015 ist, nein, nicht das F-Wort, sondern sowieso, wollen wir es 2016 doch lieber so halten: Der Flüchtling soll Deutsch lernen, drum schreiben wir brav die Wörter aus. Die CDU hat außerdem mit dem C im Namen schon genug zu tun, das mit dem O wird sie auch überleben. A wie Amen. 

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