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Keine Spekulationen über mutmaßliche Täter, kein Wort des Verdachts gegen die Fremden in dieser kleinen Stadt, keine feindselige oder resignierte Reaktion, keine Angst, die die Gemeinde blockierte. Stattdessen eine nüchterne Analyse der Lage. Die Verantwortlichen von Stadt, Kirche und Vereinen fragten, was zu tun sei. Bürgerinnen und Bürger weit über die kirchlichen Kreise hinaus zeigten sich solidarisch – und alle miteinander fanden zu einem Gemeinschaftsgeist, mit dem niemand gerechnet hätte.
Langfristig lernen, mit Ängsten zu leben
Angst – so steht es im Wörterbuch – kommt von Enge. Und schaut man auf manche Schlagzeile, in Diskussionsforen und Talkshows, so gewinnt man den Eindruck, dass Angst sich allerorten breitmacht und Enge erzeugt. Ihr müsst die Ängste der Menschen ernst nehmen!, lautet der eindringliche Rat an Politikerinnen und Politiker – und auch an Kirchenleute. Daran ist erstens richtig, dass Vertrauen nicht größer wird, wo Menschen den Eindruck haben, ihre Meinung gelte als unwichtig und ihnen höre niemand zu.
Zweitens gibt es sie wirklich: die Dörfer und Städte, die sich sozial, demografisch und kulturell verändern. Es gibt einen beängstigenden militärischen Konflikt in der Ukraine. Es gibt große Verunsicherung um die Zukunft Europas. Ganz zu schweigen von den persönlichen Sorgen um Gesundheit, Armut oder Sicherheit.
Angst hat ihre eigene Dynamik. Sie macht Blicke und Worte, Herzen und Hirne eng. Ein Kind etwa, unter dessen Bett „ein Gespenst sitzt“, lässt sich kaum mit der Auskunft trösten, es gebe gar keine Gespenster. Mag sein, es lässt sich mit allerlei Tricks, die den Gespensterglauben vermeintlich ernst nehmen, für kurze Zeit beruhigen. Langfristig aber muss das Kind lernen, mit seinen Ängsten und Unsicherheiten zu leben. Genau dabei werden ihm aufmerksame Erwachsene helfen.
Differenziert formulieren statt zu vereinfachen
Doch was ist mit deren Ängsten? Ein gesellschaftlicher Diskurs ist kein Kinderzimmer. Ich meine: Wer in Familie, Beruf und Verein seinen Mann oder seine Frau steht, wer am gesellschaftlichen und politischen Leben teilnimmt, hat das Recht, als Erwachsener und Erwachsene behandelt zu werden. Wenn man Menschen dagegen in immer kürzeren Abständen politische Scheinlösungen anbietet und sich Medien und Parteien als Gespensterjäger betätigen, nimmt man sie gerade nicht ernst. Andererseits dürfen irrationale Ängste nicht als handfeste Realitäten oder ernsthafte Argumente durchgehen. Wer Angst hat, hat deshalb noch nicht recht. Und schon gar nicht hat er das Recht zu pöbeln, zu schmähen oder gar gewalttätig zu werden.
Ängste ernst nehmen? Menschen ernst nehmen. Das bedeutet: Nicht erlauben, dass Ängste und Sorgen die gesellschaftliche Stimmungslage beherrschen. Es bedeutet: präzise und differenziert formulieren statt zu vereinfachen. Es bedeutet auch: zwischen den Ursachen und den Inhalten von Angst unterscheiden. Und es heißt schließlich: Ängste so ansprechen, dass nicht die Enge mehr Menschen ergreift, sondern Weite sich auftun kann.
Die Lutherkirche in Altena wird übrigens in diesem Frühjahr neu eröffnet werden. Und ich bin sicher: Das wird ein richtig schönes Fest.